1856 Ablehnung der preußischen Forderungen durch die Schweiz. 251
herrschte damals die radicale Partei, und der zeitige Präsi-
dent des Bundesraths, Stämpfli, war ein Eifriger unter
seinen Genossen. Neuenburg, sagte er, habe 1848 sich nicht
anders verhalten als einst die Waldstätte gegen die öster-
reichischen Vögte; auf solche Weise sei die ganze Schweiz
entstanden, und der Volkswille ihr unverbrüchlicher Rechts-
boden. Zu einer Verhinderung des Processes sei der Bundes-
rath gar nicht befugt, und sie bei der Bundesversammlung
zu beantragen, sei bei der Stimmung des souveränen Volkes
unmöglich. Gegen Drohungen aber mit Waffengewalt würde
das Schweizervolk sich in Waffen erheben wie ein einziger
Mann. Wer damals die schweizer Zeitungen las, fand für
dies Alles reichliche Bestätigung. Dem Auslande gegenüber
traten die sonstigen Gegensätze der Parteien zurück. Man fühlte
sich vollständig im Rechte, und, was ebenso schwer wog, in
unbedingter Sicherheit. Zunächst trug man eine verachtende
Geringschätzung Preußens zur Schau. Man schilderte die
Feigheit desselben in Olmütz, die Kriegsscheu in den letzten
Jahren und erging sich in groben Schmähungen gegen die
Person des Königs. Man betonte andrerseits die nachbar-
liche Freundschaft und den regen Handelsverkehr mit den süd-
deutschen Staaten, die wahrhaftig nicht Lust haben würden,
preußische Truppen an ihren Grenzen und vielleicht auf ihrem
Gebiete mit den Schweizern kämpfen zu sehen. Vor Allem
erschien es unmöglich, daß Frankreich solche Vorgänge dulden,
die seine eigenen Grenzen deckende Neutralität der Schweiz
verletzen lassen, dem Marsche eines preußischen Heeres durch
Baden geduldig zusehen würde. Einst hatte Napoleon als
Flüchtling auf schweizer Boden gelebt; die Eidgenossenschaft
hatte ihn tapfer gegen die Drohungen Ludwig Philipp's