256 Der Ausgang der Regierung Friedrich Wilhelm's IV. 1856
So kam der Bundesrath nach zweitägiger Berathung zu
dem Beschluß, der französischen Regierung zu antworten, daß
die Freilassung erst nach dem Beginne einer Unterhandlung
erfolgen könne, deren Grundlage der Verzicht des Königs
auf Neuenburg sei. Die dem Könige so werthen Gefangenen
sollten gewisser Maaßen als Faustpfand für die Nachgiebig-
keit Preußens dienen. Ich hoffe, sagte darauf Graf Walewski
dem schweizerischen Gesandten, diese Ablehnung wird nicht
Euer letztes Wort sein: es ist für niemanden rathsam, einen
ernsten Rath des Kaisers der Franzosen hartnäckig oder leicht-
sinnig in den Wind zu schlagen.
Der König, der in seiner Aufregung nach jedem vielleicht
nützlichen Strohhalm griff, faßte darauf den Gedanken, den
deutschen Bundestag anzurufen. Graf Buol erklärte das
für eine treffliche Maaßregel, nur müsse jede Reizung, jede
Rechtsverwahrung, und vollends jede Drohung vermieden
werden. Er hatte dann das seltene Vergnügen, daß der preußische
Bundestagsgesandte seine Regierung vermochte, ihren Antrag
ganz nach Osterreichs Wünschen einzuschränken, nämlich auf
Beitritt des Bundes zum Londoner Protokoll, und auf
Forderung der Freilassung der Gefangenen im Namen des
Bundes, durch alle in Bern vorhandenen deutschen Gesandten.
Nur in den Motiven des Antrags wurde die Hoffnung aus-
gesprochen, daß eintretendes Falles — nicht der Bundestag —
sondern die einzelnen Regierungen den preußischen Truppen
den Durchmarsch verstatten würden. Bismarck hatte nämlich
Herrn von Manteuffel darauf aufmerksam gemacht, daß man
in dieser Sache vom Bunde nichts begehren dürfe, was nicht
mit Einstimmigkeit angenommen würde; es würde äußerst
gefährlich sein, hier einen Mehrheitsbeschluß für zulässig und