Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

274 Der Ausgang der Regierung Friedrich Wilhelm's IV. 1857 
etwas zu ändern; was Herrn von Beust betrifft, so ist dieser 
regsame Minister, wenn es ihm an Stoff zu politischer Thätig- 
keit fehlt, nur zu geneigt, sich einen solchen selbst zu erfinden. 
Bismarck berichtete nach Berlin, Beust's ganze Erörterung 
laufe auf eine neue Auflage der Ausnahmegesetze von 1819 
und 1834 hinaus, ein wunderbares Mittel, um das Ansehen 
des Bundestags in den Augen der Nation zu heben; der 
Minister von Manteuffel pflichtete dieser Auffassung in vollem 
Maaße bei, und sprach sie rückhaltlos den in Berlin weilenden 
deutschen Gesandten aus. Darauf aber ließ ihm Baron Beust 
die Abschrift einer österreichischen Depesche zustellen, in welcher 
Graf Buol dem sächsischen Minister seine warme Zustimmung 
zu dessen sämmtlichen Vorschlägen, und zugleich sein tiefes 
Bedauern aussprach, daß er für den Augenblick durch Preußens 
mannigfache Bedenken verhindert sei, thatkräftige Schritte zur 
Verwirklichung der Reform zu thun; nicht an Osterreich liege 
es also, wenn auch dieses Mal ein erfreulicher Fortschritt in 
der deutschen Sache unmöglich gemacht werde. 
So deutlich wie möglich war hier die enge Verbindung 
der beiden Höfe mit der Front gegen Berlin erklärt. Der 
Vorgang machte um so mehr böses Blut bei der preußischen 
Regicrung, als kurz zuvor auch im deutschen Westen eine 
ähnliche Errungenschaft des österreichischen Einflusses zu Tage 
getreten war, und zwar an einer Stelle, wo man es bei der 
nahen Verwandtschaft des Fürstenhauses mit dem preußischen 
am wenigsten erwartet hatte, in Baden. Seitdem Herr von 
Meysenbug dort die Leitung der Geschäfte übernommen hatte, 
zeigte er überall Abwendung von Preußen und Hinneigung 
zu Osterreich; bei der Neuenburger Sache verhielt er sich in 
der Erörterung des preußischen Durchmarsches lange Zeit rück-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.