1858 Stellvertretung oder Regentschaft? 295
mache, die jeder Gutsherr besitze, nach seinem Belieben einen
Verwalter zu bestellen, woraus dann im engern Kreise sogar
die Möglichkeit gefolgert wurde, anstatt des angeblich libera-
lisirenden Prinzen die Königin Elisabeth mit der Leitung
der Geschäfte zu beauftragen. Simons legte darauf Angesichts
dieser schönen Theorie seinen Collegen ein von Friedberg,
dem spätern Minister, verfaßtes Gutachten vor, welches die
Regentschaft für nothwendig erklärte, dann aber als eine Art
von Mittelweg einen Erlaß des Königs vorschlug, der aus
eigenem souveränen Rechte den Prinzen zur Übernahme der
Regentschaft aufforderte, darauf würde ein Erlaß des Prinzen
folgen, der sich dazu aus agnatischem Rechte bereit erklärte,
schließlich sollte das durch die Verfassung vorgesehene Ver—
fahren im Landtag eintreten. Aber mit Eifer widersprachen
die Minister des Innern und des Cultus, Westphalen und
Raumer, und so ließ Manteuffel, obwohl mit Simons ein-
verstanden, die Sache liegen.
Der Prinz, der ebenfalls mit dem 1. April den Beginn
der selbständigen Regentschaft erwartete, hatte unterdessen für
diesen Fall die Umbildung des Ministeriums erwogen, und
da ihm die Männer der Kreuzzeitung zuwider waren, sein
Augenmerk auf den frühern Finanzminister von Alvensleben-
Erxleben geworfen, einen streng conservativen Beamten von
Sachkunde und Einsicht, wie wir ihn bei den Dresdener
Conferenzen am Werke gesehen haben, und dieser schlug ihm
dann den Bundestagsgesandten von Bismarck als Minister
des Auswärtigen vor. Der Prinz, welcher sich längst davon
überzeugt hatte, daß Bismarck über den Gesichtskreis der
Kreuzzeitung weit empor gewachsen war, genehmigte, und auch
Bismarck erklärte sich bereit. Allein ehe diese Combination