1850 Brandenburg's Entschluß für den Frieden. 21
Noch am 29. October, zwei Tage vor Brandenburg's Rück-
kehr, hatte ein vollzähliger Ministerrath die Frage erwogen,
ob man daran auch auf die Gefahr eines Kriegs mit Öster-
reich festhalten sollte. Radowitz bejahte: er beantragte kriege-
rische Weisung an Graf Gröben und auf die Nachricht vom
Einmarsch der Bayern sofortige Mobilisirung der ganzen
preußischen Armee, etwa mit Ausnahme der Königsberger und
Posener Corps, für welche Brandenburg's Rückkehr abgewartet
werden könne. Ohne Widerspruch von irgend einer Seite wurde
beschlossen, daß Radowitz diese Vorschläge als einstimmige
Anträge des Staatsministeriums dem Könige vorlegen solle.
Graf Brandenburg ließ sich durch dies Alles nicht irre
machen. Er war von Warschau mit dem festen Entschlusse
zurückgekehrt, daß es wegen dieser Händel zum Kriege nicht
kommen dürfe — zu einem Kriege, bei dem Preußen Süd-
deutschland, Osterreich und Rußland gegen sich, keinen Ge-
nossen an seiner Seite, das völlig unsichere Frankreich im
Rücken haben würde.
Die Motive dieses Entschlusses sind nach allem Voraus-
gegangenen klar. Aber ebenso deutlich ist es auch, daß dem
Grafen bei der Durchführung desselben ein harter und bitterer
Kampf bevorstand. Durch das in Halbheiten und Wider-
sprüchen sich bewegende Verfahren seit dem Schluß des Er-
furter Parlaments war die Stellung Preußens mit jeder
Woche unhaltbarer geworden. Obgleich Osterreich so eben
eine Hauptforderung Preußens, die Behandlung der Bundes-
reform in freien Conferenzen, bewilligt, standen die beiden
Mächte in den Fragen der Union und des kurhessischen Ver-
fassungssturzes sich so schroff wie möglich, die Hand am
Schwerte, gegenüber. Dabei war die materielle Differenz