1859 Preußische Rüstung. 327
die beiden Großmächte um Unterstützung dieses Programms
ersuchte. Zugleich befahl der Regent die Mobilmachung seiner
gesammten Armee, und stellte am Bundestage den Antrag auf
Zusammenziehung der beiden süddeutschen Bundescorps.
Binnen weniger Wochen wären hienach beinahe 400000 Mann
am Rheine kampfbereit gewesen, welchen Frankreich in diesem
Augenblick kaum die Hälfte entgegen stellen konnte. Wenn
Napoleon die Lombardei herauszugeben weigerte, war auch
ohne österreichische Bundestruppen am Rheine eine große
Aussicht auf deutsche Triumphe eröffnet.
Aber in demselben Augenblick vollzog sich auf dem Kriegs-
schauplatze ein ganz Europa überraschender Umschwung.
Die beiden streitenden Kaiser waren des Kriegs in
gleicher Weise überdrüssig. Napoleon sah sich dem berühmten
Festungsviereck, und zu dessen überwältigung schweren Kämpfen
gegenüber; er fürchtete im Innern große Schwierigkeiten durch
den Zorn des Klerus über den jetzt auch die weltliche Herr-
schaft des Papstes bedrohenden Krieg; er vernahm, daß sein
hoher Freund, der russische Kaiser, sehr ungnädig auf die
revolutionäre Bewegung in Italien schaute. Auch ihm selbst
erschien das italienische Nationalgefühl nicht mehr in überall
rosigem Lichte, da ihm sein Vetter Jerome, dem er den Thron
von Toscana zugedacht hatte, von dort berichtete, daß er
auch nicht Eine Stimme für seine Candidatur habe gewinnen
können. Jetzt kam ihm aus London die Kunde von der
herandrohenden preußischen Vermittlung und deren erster
Forderung: Unantastbarkeit des österreichischen Länderbesitzes
in Italien. Nach seinen Abreden in Plombières und dem
Kriegsmanifeste: „Frei bis zur Adria“ war dies für ihn
schlechthin unannehmbar, dann aber hatte er einen gefährlichen