Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

414 Conflicte auf allen Seiten. 1861 
von einem Wechsel im Vorsitze des Bundes wissen; in beiden 
Punkten gewann er die Zustimmung des Kaisers und Rech- 
berg's, während im Ubrigen Fröbel's Gedanken, wie wir 
bald sehen werden, der Ausgangspunkt für wichtige Schritte 
der Wiener Regierung wurden. In der Hauptsache aber ließ 
sich Biegeleben von seinem Wege nicht abbringen: er war fest 
in jedem einmal gefaßten Entschlusse, sachkundig in den 
deutschen Fragen; es kam bei ihm ein starkes persönliches 
Selbstbewußtsein mit katholischem Eifer und dem überlieferten 
Stolze der Wiener Hofkanzlei zusammen. Die amtliche Ant- 
wort Osterreichs an Beust vom 5. November war unverkennbar 
aus seiner Feder — der wir fortan noch häufig begegnen 
werden — geflossen. Mit einem halb mitleidigen Ausdrucke 
wollte sie dem Beust'schen Kunstwerk gewisse Vorzüge nicht 
bestreiten und die großen Schwächen desselben nicht näher 
erörtern. Aber alles Gewicht warf sie dann auf den vor- 
geschlagenen Wechsel des Vorsitzes im Bundestag. Sie ging 
noch weit über Schwarzenberg's Gegengründe von 1851 
hinaus, indem sie darlegte, daß in Osterreichs festem Vorsitz 
die nationale Einheit Deutschlands ihre einzige Verkörperung 
habe; es heiße Deutschland zerreißen, wenn man diese den 
Wechselfällen des Alternats Preis gebe. Daran könne nur 
gedacht werden, wenn man der deutschen Einheit zur Ent- 
schädigung für den Umsturz der Spitze ein in gleichem Grade 
erweitertes und verstärktes Fundament gebe, d. h. wenn man 
auch die außerdeutschen Besitzungen der deutschen Mächte 
unter die Garantie des Bundes einbegreife. Dies war denn 
großdeutsche Politik in hohem Style. 
In entgegengesetzter Richtung gelangten die Berliner 
Erwägungen zum Entschluß. Schon auf der Rückreise von
	        
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