Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

416 Conflicte auf allen Seiten. 1861 
genug würde dieser die deutschen Osterreicher in seine Kreise 
hineinreißen. Jetzt stehe Osterreich an der Spitze Deutschlands, 
und doch sei zugleich die Monarchie auf sich selbst gestellt 
und brauche nicht erst von Deutschland den Verband ihrer 
Lande zu erwarten: dies allein sei die richtige Stellung für 
die Wiener Centralregierung. Leider sehen wir, schloß er, 
wie in nächster Zeit wieder Versuche einer preußisch-deutschen 
Union auftauchen mögen: an peremptorischem Widerstande 
wird es dann nicht fehlen. 
Es war eine Variation über das alte Thema, Osterreich 
unabhängig von Deutschland, aber die herrschende Macht in 
Deutschland: eben dieselbe Theorie, die man fast wörtlich 
gleichlautend in den Conferenzen über das Bundesheerwesen 
vernommen hatte. Hier blieb keine Wahl. Wollte man sich 
nicht blind unterwerfen, so mußte man sich offen zu dem in 
Wien verpönten Standpunkt bekennen. Demnach befahl der 
König die Antwort auf Beust's Reformplan abzufassen. Der 
deutsche Bund sei ein völkerrechtlicher Verein unabhängiger 
und unter sich höchst verschiedener Staaten; Preußen wünsche 
lebhaft dessen Erhaltung und eben deshalb die Beschränkung 
seiner Competenz auf das unerläßlich geringste Maaß; wer 
auf deutschem Boden Besseres verlange, könne es nur durch 
freie Vereinbarung gleichartiger Staaten zu einer engern 
Gemeinschaft innerhalb des großen Bundes, also durch die 
Errichtung eines Bundesstaats im Staatenbund, erlangen. 
Am 20. December 1861 ging diese Depesche nach Dresden 
ab und wurde gleich nachher veröffentlicht. Es war kein 
Antrag, keine Aufforderung, kein Verfassungsentwurf: es war 
nichts als eine Meinungsäußerung über den Weg zu einer 
fruchtbaren Bundesreform. Aber von diesem Organe aus-
	        
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