466 Verfassungsstreit in Berlin und Frankfurt. 1862
nur durch das Aufgeben des uns feindlichen Treibens an den
deutschen Höfen gewonnen werden. Unmöglich, sagte Karolhi,
könne Osterreich seinen traditionellen Einfluß auf die deutschen
Höfe aufgeben; das würde seine Herausdrängung aus Deutsch-
land bedeuten. Nun, so verlegt, rief Bismarck, Euern Schwer-
punkt nach Ofen). Er betonte dann noch die Rücksfichts-
losigkeit, mit der am Bundestage die Freunde Osterreichs
angriffsweise gegen Preußen vorgingen, und den preußischen
Protest gegen die Verfassungsmäßigkeit ihres Antrags als
einen der Beachtung unwerthen Zwischenfall behandelten. In
einem zweiten Gespräche am 13. erklärte er demnach dem
Grafen, daß Preußen eine Überschreitung der Bundes-
competenz durch Mehrheitsbeschluß als Bundesbruch betrachten
und seinen Gesandten aus dem Bundestag ohne Bestellung
eines Vertreters abberufen müßte. Die praktischen Consequenzen
würden sich in kürzester Frist ergeben.
Am 19. December wurde darauf von dem Bundestage,
nachdem Pfordten als Berichterstatter die Annahme des An-
trags empfohlen, ohne weitere Verhandlung die Abstimmung
darüber auf den 22. Januar 1863 festgesetzt.
In Wien riesen unterdessen Bismarck's Gespräche mit
Karolyi eine tiefe Erregung hervor. Graf Rechberg versicherte
dem preußischen Gesandten, Baron Werther, daß er ebenso
lebhaft wie Bismarck ein enges Einvernehmen der beiden
Mächte und ihren thätigen Bund zum Widerstand gegen die
Revolution ersehne. Als ihn Werther an seine Bekämpfung
der preußischen Anträge in Sachen der Bundeskriegsverfassung
und der Küstenvertheidigung, an die immer noch wachsende
Störung des Zollvereins und an die Hetzerei in Hannover
i) Österreichisches Circular, 28. Januar 1863.