1850 Streitende Ansichten im preußischen Ministerium. 49
Preußen empfing also die schönsten Zusicherungen über
die Sicherheit seiner eigenen Provinzen. Aber der eigentliche
Wunsch des Königs, das Fernhalten der Bundestruppen aus
Cassel, und damit die Vereitelung der Bundesexecution, war
definitiv abgeschlagen. Der kritische Moment war gekommen.
Auf das Bestimmteste erklärte Prokesch, daß eine negative
Antwort Preußens den Beginn des Kriegs sofort zur Folge
haben würde. Nicht minder lebhaft unterstützte ihn der
russische Gesandte, Baron Budberg. Er redete mit Laden-
berg, mit Manteuffel und dem Generaladjutanten General
Gerlach. Kaiser Nikolaus sei bereits durch das von Preußen
unterstützte Auftreten Braunschweigs in hohem Maaße er-
grimmt, sehe die eigene Ehre durch jede Erschwerung der
Bundesexecutionen gekränkt, habe bereits die Mobilmachung
des Grenadiercorps und der donischen Kosaken befohlen, und
werde in einem Kampfe über Kurhessen für sich selbst den
Kriegsfall erblicken. Hierin war, wie man bald erfahren
sollte, nichts übertrieben. Preußen stand vor einer ver-
hängnißschweren Entschließung.
Am 23. November trug Manteuffel dem Ministerrathe
die österreichische Depesche vor, und bemerkte darüber, dieselbe
enthielte zwar nicht Alles, was man am 9. gefordert, jedoch
sei im Wesentlichen, zumal nach Prokesch's vertraulicher Mit-
theilung, die Sache in Ordnung. Osterreichs Zweck sei einzig
die Durchführung der Execution, welche nicht zu hindern wir
bereits zugesagt hätten. Hielten wir die Etappenstraßen jetzt
noch geschlossen, so sei dies ein Schwanken, worin man feind-
selige Hintergedanken finden würde; ohne Noth und gerechten
Anlaß würden wir damit den Krieg hervorrufen. Stock-
hausen und Simons traten nicht bloß bei, sondern bean-
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. II. 4