Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

64 Olmützer Punctation. 1850 
es wollten, deren sämmtliche Streitkräfte auf der vollen 
Kriegsstärke zu belassen. Die Annahme eines solchen Artikels 
zwingt zu dem Schlusse, daß Manteuffel mit der Ratification 
des Vertrags seinen einheimischen Gegnern jeden Widerspruch 
gegen seine und Schwarzenberg's Politik unmöglich machen 
wollte. Als am 2. December im Ministerium die Ratification 
des ganzen Vertrags berathen wurde, erhob denn auch der 
Prinz von Preußen die lebhaftesten Bedenken gegen die Ab- 
rüstung vor dem Schlusse der Dresdener Conferenzen, und 
Ladenberg beantragte überhaupt die Ablehnung der Punctation. 
Der König erachtete es als einen großen Sieg, daß Öster- 
reich außer den Conferenzen jetzt auch die gemeinschaftlichen 
Commissionen für Hessen und Holstein nachgegeben habe, und 
beruhigte sich über die Abrüstung mit dem Gedanken, daß 
Preußen jederzeit wieder eine Mobilmachung vornehmen könne, 
Osterreich aber bei dem übeln Stande seiner Finanzen zu 
einer solchen nicht im Stande sei. Ganz richtig: hätte nur 
nicht Österreich sich lediglich zu dem Scheine einer Entwaff- 
nung verpflichtet. Nach dem Vollzuge der königlichen Rati- 
fication schied Ladenberg aus dem Ministerium aus. Gleich 
damals erklärte der Abgeordnete von Bismarck-Schönhausen 
in der zweiten Kammer den Aufschub der Abrüstung bis zum 
Schluß der Conferenzen für äußerst wünschenswerth, und 
noch vierzehn Jahre später bezeichnete General von Manteuffel 
die Übereilung dieser Maaßregel als die Hauptursache des 
übeln Ausgangs der weitern Unterhandlungen. 
In Wien wurde die Friedensbotschaft mit einstimmiger 
Freude aufgenommen. Dem dortigen Publicum war Bundes- 
tag, Hessen und Holstein so gleichgültig wie möglich, ein 
preußischer Krieg aber höchst bedenklich gewesen. Jetzt stiegen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.