98 Dänemarks Vertragsbrüche.
wartete zunächst auf die Verhandlungen des eben einberufenen
holsteiner Landtags. Die dänische Regierung hatte für die
Wahlen zu demselben alle Mittel ihrer weltlichen und geist-
lichen Polizei aufgeboten, aber an der unverwüstlichen Festig-
keit dieser zähen Bevölkerung scheiterte jeder Versuch der
Beeinflussung und Einschüchterung. Der Landtag erklärte
am 11. März 1859, die Verfassung sei ein Gesetz für die
Gesammtheit der Monarchie und deren gemeinsame Ange-
legenheiten gewesen; da diese Gesammtheit fortdauere, könne
nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen das Gesetz nicht für einen
Theil derselben wegfallen, für einen andern aufrecht bleiben;
es sei vielmehr die Pflicht der Regierung, sogleich für die
Herstellung einer andern Gesammtverfassung, entsprechend den
Zusagen von 1851 und 1852, Sorge zu tragen; da den
Herzogthümern Gleichberechtigung mit Dänemark verheißen
sei, so müsse, wenn und so lange die bisherige Verfassung
in Dänemark und Schleswig fortdauere, wenigstens den hol-
steiner Ständen gleiches Recht wie dem Kopenhagener Reichs-
rath eingeräumt, also kein Gesetz über gemeinschaftliche An-
gelegenheiten ohne Zustimmung sowohl des Reichsraths als
der holsteiner Stände erlassen werden. Diese Erörterung
war ebenso klar und unzweideutig, wie die entgegenstehende
der dänischen Regierung. Auf welcher Seite guter Glaube
und materielles Recht, auf welcher juristische Rabulisterei und
gewaltthätige Herrschsucht vorhanden war, darüber wird die
Nachwelt nicht in Zweifel bleiben.
In diesen Positionen, zwischen welchen es eine Vermitt-
lung nicht gab, verharrten die beiden Parteien mehrere Jahre.
Dänemark stellte neue Verhandlungen mit dem holsteiner
Landtag in Aussicht. Der Bund beschloß am 8. März 1860