Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

106 Dänemarks Vertragsbrüche. 
zicht auf die alte Verbindung der Herzogthümer, und begehrte 
die Gleichberechtigung aller Landestheile bei der Bewilligung 
der gemeinschaftlichen Ausgaben. 
Kaum war diese Depesche in St. Petersburg bekannt 
geworden, so beeilte sich die russische Regierung, am 29. Sep- 
tember die Angemessenheit der englischen Vorschläge anzu- 
erkennen und die Annahme derselben in Kopenhagen dringend 
zu empfehlen. Was die deutschen Mächte anging, so erklärte 
Osterreich, daß es in Lord John's Depesche eine geeignete 
Grundlage zum Frieden erblicke, und in noch unbedingterer 
Form sprach der preußische Staatsmann, der eben am Tage 
der Unterzeichnung der englischen Depesche in das Ministerium 
eingetreten war, die Annahme des englischen Vermittlungs- 
vorschlages aus. Mit einem Schlage sah sich Dänemark dem 
vereinigten Willen von vier Großmächten und dem deutschen 
Bunde gegenüber. 
Im ersten Augenblicke war Erstaunen, Bestürzung und 
Entrüstung groß in Kopenhagen. Aber wenn es den über- 
müthigen Eiderdänen an Rechtssinn fehlte, so muß man ein- 
räumen, daß sie Entschlossenheit und Kühnheit und unbe- 
dingtes Vertrauen auf die Stärke ihrer Sache besaßen. Der 
Gang ihrer Erwägungen war etwa folgender: Zeigte sich bei 
ruhiger Prüfung die Lage in der That so gefährlich verändert? 
Sollte wirklich Osterreichs Friedensliebe trotz Ungarn und 
Deficit durch ein freundliches Londoner Wort in Kriegseifer 
verwandelt sein? Sollte der neue preußische Minister, der einst 
so drastisch die Rebellion Schleswig-Holsteins verurtheilt hatte, 
jetzt für sie gegen Dänemark zu den Waffen greifen? Und 
weiter, Rußland, in seinem Innern ganz wie Osterreich ge- 
lähmt und gehemmt, schien keine andere Stimmung als
	        
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