108 Dänemarks Vertragsbrüche.
giebigkeit nicht mehr nach Kopenhagen, ondern an die deutschen
Mächte senden.
Diese dänische Rechnung war beinahe in jeder Beziehung
richtig, wie die nächsten Monate sattsam beweisen sollten.
Nur an einer Stelle war ihre Voraussetzung so irrig wie
möglich, indessen darf man hier zur Entschuldigung der Dänen
bemerken, daß ihr falsches Urtheil über Bismarck damals von
aller Welt, und namentlich in Deutschland mit Ausnahme von
etwa zehn oder zwölf Personen, getheilt wurde. So war
einmal ihr Geschick. Es mußte Alles zusammen kommen,
auch diese Unterschätzung des allein furchtbaren Gegners, um
Dänemark auf dem falschen Wege festzuhalten, dessen Aus-
gang die vollständige Befreiung Schleswig-Holsteins sein sollte.
Zunächst also schrieb Hall am 15. October 1862 die
ablehnende Antwort an England in einem Tone, der an
stolzer Entschiedenheit nichts zu wünschen übrig ließ. Die
Ausführung des englischen Vorschlags würde die Zerstückelung
der dänischen Monarchie bedeuten, deren Integrität zu schützen,
der Zweck des Londoner Protokolls gewesen; die Aufrecht-
haltung der gemeinsamen Verfassung für das Königreich und
Schleswig sei eine Frage über Leben und Tod für Dänemark,
und niemals werde die Regierung sich von der Linie ent-
fernen, welche diese Überzeugung ihr vorschreibe. Diese diplo-
matische Erklärung war durch waffenklingende Reden im
Reichsrath und lebhafte Anträge desselben auf die Ver-
schmelzung Schleswigs mit Dänemark vorbereitet worden;
der König bekräftigte sie durch einen Trinkspruch bei einem
parlamentarischen Festmahle, er hoffe bald seinen ganzen
Staat geordnet zu sehen, und baue fest darauf, daß sein
treues Volk, wenn die Umstände es nöthig machten, sich