Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Einzelne Modificationen des Zustandes. 7 
So erhielt sich der Zustand im Wesentlichen bis zu dem 
Ausgang des 18. Jahrhunderts. Die dänischen Könige, seit 
1660 im eigentlichen Dänemark mit voller Unumschränktheit 
herrschend, ließen sich in gleichem Sinne zuweilen zu Will- 
kürlichkeiten auch in der Verwaltung Schleswig-Holsteins 
fortreißen; das dänische Volk lag in politischer Apathie, ohne 
sich um die ihm fremden Herzogthümer zu bekümmern, 
höchstens, daß es mit Verdruß so viele deutsche Edelleute in 
hohe dänische Staats- und Hofämter einrücken sah. Auch in 
Schleswig-Holstein war tiefe politische Ruhe: jene königlichen 
Übergriffe waren vorübergehende Dinge, durch die man sich 
nicht viel beirren ließ; überhaupt wurde trotz der königlichen 
Unumschränktheit von oben herunter sehr wenig befohlen, noch 
verwaltet, sondern das Meiste den Ämtern, Herrschaften und 
Gemeinden selbst überlassen, ein Zustand des Gemeinwesens, 
bei dem sich der Sinn für particulare Selbständigkeit sehr 
stark, der Trieb zu fortschreitenden Reformen aber fast gar 
nicht entwickelte. Der leitende Adel des Landes freute sich 
der Verbindung mit Dänemark, die ihm so häufig einen 
glänzenden Schauplatz politischer Thätigkeit eröffnete. Der 
größte Theil der Bevölkerung lebte in ererbten Sitten und 
schlichter Solidität von Ackerbau und Viehzucht; an den 
Küsten gedieh ein Stamm von Seeleuten und Matrosen, wie 
die Welt keinen tüchtigeren kannte; bei der geringen Bedeutung 
der Städte gab es keine große Industrie mit ihren Gegen— 
sätzen von Armuth und Reichthum oder einem auf stete 
Neuerung der Verhältnisse wirkenden Einfluß. Daß das 
Land dreisprachig war, wurde kaum empfunden. Die über- 
wiegende Mehrheit gehörte dem niedersächsischen Zweige an, 
einem bedächtigen, langsam erregbaren, dann aber fest ent-
	        
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