Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Osterreichs und Preußens Haltung. 159 
vember keineswegs gegen die Thronbesteigung Christian's IX. 
protestirt, sondern factisch den neuen König anerkannt durch 
die Mahnung, der Verfassung vom 13. die Sanction zu 
weigern. Aber daß am 18. davon das Gegentheil geschah, 
eröffnete der Frage eine neue Zukunft. Dänemark hatte sich 
auf schreiender Rechtsverletzung festgenagelt; jetzt war es 
möglich, die volle Befreiung der Herzogthümer in das Auge 
zu fassen, und der König und sein Minister waren darüber 
gleiches Sinnes. Nur war der Weg zu diesem Ziele in den 
Augen des Berliner Cabinets ein ganz anderer, als ihn die 
kleinen Regierungen und die populäre Agitation bezeichneten. 
Der König billigte durchaus Bismarck's Anschauung, daß in 
erster Linie Alles auf die Beziehungen Preußens zu den 
andern Großmächten, und hier wieder auf die thätige Mit- 
wirkung Osterreichs ankomme. Wir haben im Jahre 1849 
erlebt, sagte Bismarck, daß es übel ist, Einer gegen Vier zu 
stehen, Zwei gegen Drei ist ein besseres Verhältniß. Dazu 
aber war die erste Bedingung, daß man zunächst nicht an 
dem Londoner Vertrag über die Thronfolge rüttelte: denn 
diesen erklärten Osterreich und die fremden Mächte sämmtlich 
für schlechthin rechtsverbindlich. Nun hatte glücklicher Weise 
Christian IX. durch die Sanction der Novemberverfassung 
den deutschen Höfen einen von der Erbfolgefrage unabhängigen 
Kriegsfall geliefert, gegen dessen Rechtmäßigkeit eine Ein- 
wendung geradezu unmöglich war. An diesem Punkte also 
war einzusetzen, an diesem, und nur an diesem, konnte man 
hoffen, Osterreich auf das Geleise der preußischen Politik 
hinüber zu ziehen. In Wien wollte man die Thronfolge Chri- 
stian's IX. und die dänische Integrität aufrecht erhalten: nun 
wohl, Preußen stellte keine damit unverträgliche Forderung,
	        
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