Widerspruch im preußischen Landtag. 179
reich die erforderlichen Anträge zur sofortigen Vollziehung
der Execution gestellt. Unter allen Umständen werde Preußen
für das deutsche Recht in den Herzogthümern und für sein
eigenes Ansehen im Rathe der Großmächte mit besonnener
Festigkeit einstehen. — Die Rede schloß mit der Ankündigung
der nöthigen militärischen Vorkehrungen und der demnächstigen
finanziellen Vorlage an den Landtag.
Unmittelbar auf den Vortrag dieses Actenstücks folgte
eine stürmisch aufgeregte zweitägige Verhandlung des Hauses,
in welcher alle Töne der vorher geschilderten populären Be-
wegung im stärksten Ausdruck wieder klangen, das legitime
Erbrecht Augustenburg's, die Nichtanerkennung des Londoner
Protokolls durch den deutschen Bund, die vertragswidrigen
Maaßregeln Dänemarks, durch welche auch für Preußen und
Osterreich das Protokoll hinfällig geworden. Dazu kam die
allgemeine Erbitterung der Majorität gegen das Ministerium
in Folge des fortdauernden Verfassungsstreits, sodann die
Unkenntniß der Kopenhagener Verhältnisse, nach welcher man
dänische Nachgiebigkeit in den constitutionellen Fragen und
dann erneute Anerkennung der dänischen Integrität durch die
Großmächte befürchtete, endlich aber und vor Allem das tiesste
Mißtrauen gegen Bismarck's guten Willen in der Sache
Schleswig-Holsteins, welche er einst heftig verurtheilt
hatte. Auch vor fünfzehn Jahren hatte es die preußische
Regierung an tapfern und patriotischen Worten nicht fehlen
lassen, und dennoch hatten 1850 preußische Truppen geholfen,
Holstein seinem königlichen Zwingherrn wieder zu unterwerfen,
und Herr von Bismarck-Schönhausen hatte dies laut gebilligt.
Wer konnte dafür einstehen, daß derselbe Mann nicht dasselbe
Verfahren auch jetzt wiederholen würde?
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