Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Provinzialstände in Dänemark und den Herzogthümern. 11 
vorherige Berathung vorgenommen werden solle. Es war 
nicht wohl möglich, knappere Almosen zu geben und das eigene 
Vermögen ängstlicher zu hüten; andrerseits wurde der erste 
Zweck der Maaßregel, die Beschwichtigung der aufgeregten 
Gemüther, nur sehr unvollständig erreicht. Es verging im 
Gegentheil seitdem keine Landtagssession, in der nicht bei den 
Ständen der Herzogthümer ihre Vereinigung, oder bei den 
dänischen die Erweiterung ihrer Rechte und ein National- 
parlament zur Sprache gebracht wurde. 
Dazu drückten den König noch andere, tiefer greifende 
Sorgen. Denn weder er selbst noch sein vermuthlicher Nach- 
folger, noch der Sohn und der Bruder des Letztern hatten 
männliche Leibeserben; es war also nach menschlicher Voraus- 
sicht demnächst das Erlöschen des königlichen Mannsstammes 
zu erwarten. In diesem Falle aber galt dann nach der fast 
allgemeinen Ansicht der Holsteiner für die Herzogthümer ein 
anderes Thronfolgerecht als für die dänische Krone. Schleswig- 
Holstein war ein Mannlehn mit agnatischer Erbfolge gewesen; 
für das eigentliche Dänemark aber hatte das sogenannte 
Königsgesetz von 1660 in Ermanglung von Söhnen auch die 
Töchter zur Thronfolge berufen. Bei dem Aussterben des 
königlichen Mannsstammes würde also in Kopenhagen eine 
dänische Prinzessin oder deren Sohn, in Schleswig-Holstein 
dagegen jene jüngere Linie des königlichen Hauses, die Sonder- 
burger, und innerhalb derselben wieder der ältere, Augusten- 
burger, und nach dessen Abgang der jüngere, Glücksburger 
Zweig, zur Regierung gelangen. Die dänische Krone verlöre 
damit mehr als ein Drittel ihrer Territorien. 
Und damit nicht einmal genug. In noch älterer Zeit 
hatte sich von dem Königshause einst die Linie der Herzoge
	        
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