196 Die Execution in Holstein.
sich an die Spitze derselben stellen müßten? So dachte jetzt
z. B. der Ausschuß der 36 nicht mehr an Bildung von Frei-
schaaren, sondern lediglich an Unterstützung der Werbungen
Herzog Friedrich's für seine künftige holsteiner Division. Die
herrschende Vorstellung war, daß nach Anerkennung des
Herzogs durch den Bundestag König Max die bayerische
Armee gen Norden in Bewegung setze, dann Württemberg
und Baden, und weiter Darmstadt und Sachsen sich an-
schlössen, daß darauf die rollende Lawine auch die norddeutschen
Mittel= und Kleinstaaten vor sich hertreibe, und so ein ge-
waltiges, allen Großmächten imponirendes Volk in Waffen
das alte Recht Schleswig-Holsteins und Deutschlands zu sieg-
reicher Geltung bringen würde. Preußen, dessen Bevölkerung
ganz desselben Sinnes sei, würde dann, wie man meinte, keinen
Widerstand wagen, ja vielleicht selbst von dem patriotischen
Strome fortgerissen werden.
Es waren nicht bloß gutmüthige Volksvertreter, sondern
auch mehrere leitende Staatsmänner, welche sich damals mit
solchen Gedanken trugen. Es follte sich bald zeigen, daß sie
Stimmungsbildern ohne jeden Boden in der prosaischen Wirk-
lichkeit folgten. ·
Die zur Zeit verbündete mittelstaatliche und populäre
Bewegung blieb allerdings nicht ohne eine bedeutende Wirkung.
Aber dieselbe fand gerade in der entgegengesetzten Richtung
Statt, als ihre Urheber es gemeint hatten. Gegen die Execution
fanden wir das Wiener Cabinet Anfangs widerstrebend, dann.
aber, um die Mittelstaaten an der Besetzung des Landes für
Augustenburg zu hindern, eifrig für Preußens Antrag auf
Beschleunigung der Execution. Ganz dasselbe wiederholte
sich jetzt hinsichtlich Schleswigs. Bisher hatte Osterreich über