Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

14 Die alte Verfassung Schleswig-Holsteins. 
zugleich die weibliche Erbfolge und die Unumschränktheit der 
Monarchie verfügt hatte, wo die Abschaffung der erstern sehr 
leicht auch einen Angriff auf die letztere herbeiführen, und 
überhaupt eine Anderung nicht wohl ohne Herstellung und 
Berufung eines dänischen Reichstags bewirkt werden konnte. 
So blieb der König bei dem Entschlusse stehen, die weibliche 
Erbfolge auch auf die Herzogthümer auszudehnen, und falls 
diese sich widerspenstig zeigten, ihren bösen Willen zu biegen 
oder zu brechen, also schon jetzt die Selbständigkeit und Eigen- 
artigkeit ihrer Verwaltung Stück auf Stück zu beseitigen, da- 
mit im entscheidenden Augenblick Prinzessin Charlotte oder 
deren Erbe in den Besitz eines völlig unterworfenen Einheits- 
staats ruhig eintreten könnte. Das hieß nicht bloß einen 
bedenklichen Successionsstreit aufrühren, es hieß die Gesinnung 
Schleswig-Holsteins dem dänischen Namen gründlich entfremden; 
es hieß vielleicht auch eine mächtige Dazwischenkunft Deutsch- 
lands über Dänemark hereinführen. An diese letzte Gefahr 
glaubte übrigens Frederik VI. wenig. Gegen den deutschen 
Bund hatte er sich seit 1823 in eine wohlwollende Nicht- 
achtung hineingelebt. 
Zunächst fand er für seine Bestrebungen einen Helfer im 
eigenen Lande, von robuster, hitziger, und freilich auch nicht 
immer bequemer Art. 
Seit 1660 hatte das dänische Volk unter seinem un- 
beschränkten Königthum ein politisches Schlummerleben geführt. 
Damals waren alle Vorrechte des Adels vernichtet, und eine 
allmächtige bureaukratische Verwaltung über das Land gelegt 
worden. Unter deren Herrschaft war in dem Volke die 
Uchtung vor fester Gesetzlichkeit beseitigt, um so mehr aber 
der Sinn für demokratische Gleichheit groß gezogen worden;
	        
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