Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

212 Der Vertrag vom 16. Januar 1864. 
mark bestehenden Vertragsverhältnisse hinfällig würden, be- 
halten die Höfe von Osterreich und Preußen sich vor, die 
künftigen Verhältnisse der Herzogthümer nur in gegenseitigem 
Einverständnisse festzustellen. Zur Erzielung dieses Einver- 
ständnisses werden sie eintretendes Falles die sachgemäßen 
weiteren Abreden treffen. Sie werden jedesfalls die Frage 
über die Erbfolge nicht anders als in gemeinsamem Einver- 
ständniß entscheiden.“ 
Hiemit war, wie in Rechberg's Entwurf, jedes einseitige 
Vorgehen einer der beiden Mächte ausgeschlossen. Aber auf 
diese Negative beschränkte sich der Vertrag; es war nicht 
mehr eine bestimmte Position bezeichnet, bei der es im Falle 
mangelndes Einverständnisses sein unwiderrufliches Bewenden 
hätte. Karolyi ließ sich überzeugen, daß man für den 
Kriegsfall sich alle Wege offen halten müsse, und empfahl 
seinem Hofe die Annahme des preußischen Amendements. 
Wer moöchte entscheiden, was geschehen wäre, hätte nicht 
wieder der erlauchte Bundestag es übernommen, Rechberg 
zum Entschluß zu treiben. Die Mittel- und Kleinstaaten 
waren so eben in ihrer eifrigen Sicherheit noch erheblich ge- 
steigert worden durch ein an sie, mit Übergehung der beiden 
Großmächte, allein an sie gerichtetes Circular der französischen 
Regierung vom 8. Januar, worin das Londoner Protokoll 
ein ohnmächtiges Werk genannt, die Theilnahme des deutschen 
Bundes an der von England vorgeschlagenen Conferenz als 
wünschenswerth bezeichnet, und bis zu erlangter Auskunft 
hierüber Frankreichs Entschließung über die Conferenz vor- 
behalten wurde. Der Eindruck, welchen ein so ungewöhn- 
licher Schritt des mächtigen Nachbars hervorrief, war groß. 
Die Mittelstaaten empfanden nicht gerade einen Wunsch
	        
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