218 Der Vertrag vom 16. Januar 1864.
gekommen sah: was wäre denn geschehen, wenn man im
Sinne der bisherigen Agitation gehandelt hätte? Um den
Dänen etwas mehr abzunehmen, als Preußen einstweilen
verlangt hätte, wäre man über die preußischen Truppen her-
gefallen, welche eben den Dänen das Bajonett an die Rippen
setzten; am Morgen hätte man als dänischer Genosse gegen
die Preußen, am Nachmittag als preußischer Helfer gegen die
Dänen gefochten; eine weltgeschichtliche Confussion hätte die
Annalen des deutschen Volkes bereichert. Nein, da man sich
einmal zu dem einzig verständigen Entschlusse nicht aufraffen
mochte, nach Roon's Antrag die Bundestruppen unter
Wrangel's Oberbefehl zu stellen, so blieb für die Mittel-
staaten nichts übrig, als das Schicksal der eigenwilligen
Minorität auf sich zu nehmen und in grollender Unthätigkeit
dem Stärkeren die Wege frei zu lassen.
Unterdessen hatte das Vorgehen der beiden Großmächte
eine nicht geringere Aufregung in Europa als in Deutschland
hervorgerufen. Allen Andern voran war wieder Lord John
Russell, der bereits am 31. December die förmliche Einladung
zu einer Conferenz an die Mächte versandt hatte, und der
jetzt mit doppeltem Nachdruck durch Palmerston's antideutsche
Stimmung und durch den Einfluß der Prinzessin von Wales
zum Handeln gedrängt wurde. Um so unerschöpflicher war
seine schriftstellerische Thätigkeit, um so größer die Zahl
seiner Depcschen und Vorschläge. Er mahnte die nicht-
deutschen Unterzeichner des Londoner Protokolls, für die
Integrität Dänemarks und die Thronfolge Christian's IX. ein-
zustehen. Er forderte sie auf, durch identische Noten Preußen
und Osterreich von der Besetzung Schleswigs abzuhalten.
Er drängte in Kopenhagen, daß man so schnell wie möglich