258 General von Manteuffel in Wien.
führe, uns Schwierigkeiten zu machen, hielte man es nicht für
unmöglich, den französischen Einfluß gegen England zu benutzen.
Als Manteuffel mit diesen Aufträgen in Wien anlangte,
fand er sich allerdings in einer Atmosphäre, gründlich ver-
schieden von dem frischen und vorwärtsdrängenden Hauche,
der seine Instructionen durchwehte. Die Bevölkerung war
nach dem kurzen Aufflammen im November 1863 sehr bald
von jeder kriegerischen Neigung zurückgekommen; der Kampf
an der entlegenen Ostsee verhieß vielleicht Gewinn für Preußen,
aber nur Gefahr und Opfer für Osterreich; der Krieg war
völlig unpopulär geworden. Uns haben die Dänen nichts zu
Leide gethan, war die allgemeine Rede. Ein unbestimmtes
Mißtrauen gegen Preußen war im Volke wie in den regie-
renden Kreisen weit verbreitet. Dabei waren die Finanzen
des Reiches zerrüttet, das Deficit stark, der Credit schwach,
die Majorität des Reichsraths mit der Regierung auf ge-
spanntem Fuße, und ganz Ungarn wie Ein Mann in offener
Rechtsverwahrung gegenüber der unitarischen Reichsverfassung.
Mehr als einmal erklärte Rechberg und bestätigte der Kaiser
dem preußischen Unterhändler, daß Osterreich vor dem Aus-
gleich mit Ungarn nicht in der Lage sei, einen großen Krieg
zu führen, ja daß es schwierig sein würde, auch nur dem
Armeecorps in Schleswig einige Verstärkung nachzusenden.
Ganz und gar war man beherrscht von der Besorgniß eines
französischen Angriffs, deshalb von dem Streben, nicht bloß
mit Preußen, sondern auch mit Rußland und England zu-
sammen zu halten, und folglich nichts zu thun, was diese
Mächte dem Wiener Cabinet entfremden könnte. Man hatte
bedenkliche Symptome einer engern Annäherung zwischen
Frankreich und Italien wahrgenommen, und deshalb so eben