260 General von Manteuffel in Wien.
rechtigung des von Osterreich und Preußen angegebenen
Kriegszwecks, der Beschützung Schleswigs gegen die angedrohte
Danisirung, anerkannt: nach welchem Völkerrechte der Welt
wäre jetzt das unvermeidliche Kriegsmittel, das militärische
Vordringen in Feindesland, bestreitbar, oder nach welcher
Logik aus der militärischen Besetzung auf die Absicht einer
bleibenden Eroberung Jütlands zu schließen gewesen? Dies
ist so handgreiflich klar, daß nur der böseste Wille einen
solchen Vorwand zur Feindseligkeit hätte ergreifen können,
und was in einem solchen Falle die Ehre eines großen
Volkes erforderte, hatte König Wilhelm in seinem Briefe
deutlich genug gesagt. Daß damals übrigens dieser Fall
nicht zu besorgen war, sprach Moltke in den schlichten Worten
aus: da Napoleon uns wegen Schleswig nicht angegriffen
hat, wird er es auch wegen Jütland nicht thun.
Indessen, trotz alledem fand Manteuffel große Schwierig=
keiten, der preußischen Auffassung in Wien Geltung zu ver-
schaffen. Zwar wurde er gnädig vom Kaiser und herzlich
von Rechberg aufgenommen, fand aber die Generale bei aller
Höflichkeit weniger kameradschaftlich als in frühern Jahren.
Was Jütland betraf, so erklärte man ihm gleich beim ersten
Worte, man wünsche vor jeder Entscheidung noch nähere Nach-
richt aus Paris, insbesondere über Bismarck's Vorschlag, die
Besetzung Jütlands durch eine Garantie der Großmächte gegen
dänische Angriffe auf Schleswig zu ersetzen. Man blieb hiebei
eine geraume Weile, obgleich Bismarck umgehend erwiderte,
seine Erwähnung einer solchen Garantie sei nichts als eine
ornamentale Gesprächsphrase gewesen; nicht anders habe er
sie gemeint, nicht anders Talleyrand sie verstanden; wie er,
sei auch dieser überzeugt, daß an eine derartige Garantie nicht