262 General von Manteuffel in Wien.
der Vormarsch nach Jütland zersplittere die Kräfte und gebe
den Dänen die Möglichkeit, jede der vereinzelten Abtheilungen
mit Ubermacht zu schlagen. Eine echte Generalstabs-Gelehr-
samkeit altes Styles, urtheilte Moltke darüber; die Besetzung
Schleswigs ist nicht Zweck des Kriegs, sondern ein für sich
allein unzulängliches Mittel für den wirklichen Zweck, für die
Erlangung eines gesicherten Rechtszustandes in den Herzog-
thümern; die Bedenken gegen das Einrücken in Jütland und
die Verlängerung unserer Operationslinie erledigen sich einfach
durch die Betrachtung der beiderseitigen Stärken; die Dänen
haben heute nicht mehr als 34000 Mann activ im Felde,
sie können davon allerhöchstens 27000 zu einem Vorstoß zu-
sammenziehen; wir aber haben bei Kolding 31.000, vor Düppel
29000, außerdem 5000 Mann in Holstein; so kann uns jeder
Angriffsversuch nur willkommen sein; nichts wäre übler für
uns, als gänzlicher Stillstand der Operationen, durch welchen
wir erklärten, am Ende unseres Könnens zu stehen. Seiner-
seits entwickelte Manteuffel dem Kaiser, man dürfe der jetzt
stark demoralisirten dänischen Armee nicht Ruhe zur Herstellung
lassen; die Sperrung der jütischen Grenze für die Deutschen,
während die Dänen sie frei passiren könnten, sei ein Unding;
man vergebe ein Bedeutendes der europäischen und nationalen
Stellung der beiden Mächte, wenn man auf verständige Forde-
rungen der Armee und auf die Klagen der beraubten Schiffs-
eigner erkläre, man könne nichts thun aus Furcht vor der
Möglichkeit eines Kriegs, und weil Osterreich nicht wolle. Der
Kaiser blieb dabei, daß Osterreichs Lage zu vielfache Schwierig-
keiten zeige; den Gedanken einer diplomatischen Annäherung
an Frankreich, wie ihn Bismarck auch dem Grafen Karolyi
angedeutet hatte, wies er mit fast unwilliger Entschiedenheit