Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

292 Erstürmung Düppels. 
großen nationalen Frage, oder, in etwas anderer Wendung, 
welche die deutsche Einheit mit vollem Vertrauen von dem 
Heranwachsen populärer Freiheit erwarteten, und also die 
Stärkung der parlamentarischen Rechte auch für diesen Zweck 
ersehnten, dagegen von einer Vermehrung der preußischen 
Militärmacht trotz der Erfahrungen von 1850 nichts wissen 
wollten. Diese Stimmungen setzten sich fort in die übrigen 
deutschen Staaten. Dort sahen die liberalen Parteien in 
einem von Rechberg oder gar von Bismarck geleiteten Deutsch- 
land den Untergang alles Rechts und aller Freiheit. So 
erfreulich ihnen für Schleswig-Holstein die dänische Niederlage 
war, so eifrig verdoppelten sie jetzt bei dem Herannahen der 
Londoner Conferenz ihre Agitation für die volle Selbständig- 
keit der Herzogthümer unter dem angestammten Fürsten; sie 
waren fort und fort, trotz des bei Düppel geflossenen Blutes, 
trotz des in Schleswig verpfändeten Königsworts, in tiefem 
Mißtrauen gegen die Zuverlässigkeit der preußischen Politik; 
sie hielten fort und fort an der kindlichen Hoffnung, durch 
populäre Resolutionen und saftige Kammerbeschlüsse trotz aller 
Wiener Traditionen, trotz der österreichischen Heeresmacht, 
zu einem deutschen Parlament und zur deutschen Einheit zu 
gelangen. Sodann von den Regierungen der Mittelstaaten 
konnte menschlicher Weise niemand eine große Begeisterung 
für den glorreichen Fortgang einer Politik verlangen, gegen 
welche, als eine rechts= und bundeswidrige, sie vom ersten 
Tage an den heftigsten Protest erhoben hatten. Zwar war 
nach den Erlebnissen der letzten Monate der Trieb zu thätigem 
Widerstande bei den Meisten von ihnen verraucht; in Bezug 
auf die Conferenz hatte am 14. April der Bundestag mit 
einem Mehr von 10 gegen 6 Stimmen die von Bismarck
	        
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