296 Die Londoner Conferenz.
auf dieses revolutionäre Verfahren eintreten würde, und er-
freute sich der warmen Zustimmung des russischen Cabinets
zu so correcten politischen Principien. Dagegen erschien dem
preußischen Minister ein solches kategorisches Auftreten ebenso
unhöflich wie unnöthig, und folglich unklug in hohem Grade.
Man war in Berlin so wenig wie in Wien gesonnen, nach
der neuen Pariser Mode die eigenen staatsrechtlichen Be-
ziehungen auf Plebiscite zu gründen, sah aber gar keine Ge-
fahr darin, in freundlicher Bereitwilligkeit die Frage mit dem
mächtigen und gefährlichen Nachbar zu besprechen und ihm
hier wie bei dem Congresse den Wunsch möglichstes Ent-
gegenkommens zu bethätigen. Ganz gewiß, bemerkte auf
Talleyrand's erste Mittheilung Bismarck am 31. März, dächte
auch Preußen, daß die Wünsche der Herzogthümer, namentlich,
so weit sie auf bestimmten Rechten und Bedürfnissen beruhten,
in der Conferenz Rücksicht finden müßten. Zugleich aber
machte er den Botschafter auf den Plan des großen Nord-
Ostsee-Canals aufmerksam, dessen Bedeutung auch für die fran-
zösischen Handelsinteressen der Kaiser Napoleon, der sich
so lebhaft für den Suez-Canal interessire, am wenigsten ver-
kennen würde. Darauf meinte der französische Minister,
Drouyn de Lhuys, es sei das Alles zwar recht schön, aber
doch immer erst ein sehr unbestimmter Beitritt zu dem Vor-
schlage Napoleon's. Er erläuterte dann dem Grafen Goltz,
Frankreich lege kein Gewicht auf die Frage, ob der Wille
des schleswig-holsteinischen Volkes durch Plebiscit oder durch
landständischen Beschluß ermittelt werde; eine Andeutung,
daß während der Abstimmung die beiderseitigen Truppen das
Land zu räumen hätten, und eine weitere Bemerkung, daß
die Erhebung Rendsburgs zur Bundesfestung nicht thunlich