Preußische Erwägungen. 301
Graf Goltz, er empfiehlt uns die Annexion der Herzogthümer,
weil wir darüber mit Osterreich und den Mittelstaaten zer-
fallen und hiedurch unbedingt an Frankreich gekettet würden.
Andrerseits hatte König Leopold von Belgien dringende
Warnung nach Berlin gesandt: die deutschenfeindliche Auf-
regung in London werde durch Einflüsterungen von einer
Seite her genährt, wo es freilich ein Hochgenuß wäre,
England auf Deutschland schlagen zu sehen, und dann mit
plötzlicher Energie für die eigenen Zwecke einzugreifen; Preußen
möge also fest mit Osterreich zusammen stehen und sich nicht
etwa mit den Freunden des in Erngland verabscheuten
Augustenburg einlassen. Was diesen Prätendenten betraf, so
war auch in Wien die Abneigung gegen ihn noch gewachsen.
Der Geheimrath von Biegeleben, der auf dem Wege nach
London, zur Theilnahme an der Conferenz, einen kurzen
Aufenthalt in Berlin machte, verwarf Augustenburg's Be-
rechtigung dort so gründlich, daß nach seiner Meinung Oster-
reich eher als jenem, einem preußischen Prinzen einen Erb-
anspruch auf den Thron der Herzogthümer zuerkennen könnte.
König Wilhelm, bei welchem der Erbprinz persönlich noch
immer in Gnaden stand, konnte sich diesen Eindrücken doch
nicht ganz entziehen; er antwortete dem König Leopold, daß
er warme Sympathie für den Prinzen habe, aber allerdings
sich fragen müsse, ob Preußen verpflichtet sei, allein zu dessen
Gunsten sich einem europäischen Kriege und vielleicht einem
Rückzuge Olmützer Styles auszusetzen. Wie Bismarck darüber
dachte, wissen wir. Noch hatte er nicht definitiv die Be-
seitigung des Prinzen beschlossen, aber schwere Bedingungen
für seine Zulassung standen unumstößlich bei ihm fest.
Nach Erwägung aller dieser Momente durch König