Bismarck's Depesche nach Wien über Schleswig-Holstein. 323
Dinge am leichtesten und ohne Gefahr europäischer Compli-
cationen verwirklichen läßt. Es würde dabei kein Widerspruch
von Seiten der Herzogthümer zu befürchten sein, und jede An-
näherung an das suffrage universel vermieden werden können.
Wir sind deshalb nicht abgeneigt, uns für dieselbe zu erklären,
wenn wir dabei auf die Zustimmung der Kaiserlichen Regie-
rung hoffen dürfen.
Es würde aber dabei vor Allem auf Bürgschaften für
ein wirklich conservatives Regiment ankommen, für die Sicher-
heit, daß die Herzogthümer nicht zu einem Herde demo-
kratischer Bewegungen werden. Der Erbprinz müßte sich
völlig von seiner bisherigen Umgebung trennen und seine
Sache ganz in Osterreichs und Preußens Hände legen. Er
müßte vor Allem sich von der unkluger Weise erklärten An-
erkennung der Verfassung von 1848 losmachen und die alte
ständische Verfassung unter angemessenen Modificationen zur
Grundlage seiner Stellung nehmen.
Wenn wir aber auch diese Erbfolge, die einem weit ver-
breiteten Rechtsbewußtsein entsprechen und mit, obgleich nicht
zweifellosen, Rechtsgründen gestützt werden kann, für die in
der gegenwärtigen Situation am leichtesten ausführbare
halten, so beabsichtigen wir nicht, andere Combinationen, falls
das Wiener Cabinet ihnen zuneigen sollte, auszuschließen.
Der Großherzog von Oldenburg erhebt eigene Ansprüche,
die angeblich den Augustenburg'schen vorgehen, und die er
nur bisher, aus Rücksicht auf den Erbprinzen oder um den
besten Zeitpunkt abzuwarten, nicht offen geltend macht. Einer
Verwirklichung derselben würden wir nicht principtell entgegen-
treten, und wünschen hierüber die Ansicht des Grafen Rech-
berg zu kennen, wie wir denn gerne jeden sonstigen Vorschlag