Ansichten des Königs und des Kronprinzen. 325
Frage möglichen Mittel war die preußische Annexion. Der
wesentliche Zweck, die militärische Sicherung Norddeutschlands
und die Schöpfung einer deutschen Seemacht, ließ sich bei
gutem Willen der Betheiligten auch ohne Annexion durch
feste Einordnung der schleswig -holsteinischen Streitkräfte in
das preußische Heerwesen, erreichen. Dazu war allerdings
eine Beschränkung der schleswig-holsteinischen Souveränität
und folglich eine Modification des deutschen Bundesrechts
erforderlich, und die Frage war, wie sich Osterreich und
Augustenburg hiezu stellen würden. Im Ubrigen war gegen
die Person des Erbprinzen von Augustenburg Bismarck mehr
abgeneigt als gleichgültig, der König aber stets noch sympa-
thisch gesinnt; der Kronprinz interessirte sich fortdauernd mit
großer Wärme für die Erhebung des ihm befreundeten jungen
Fürsten; er hoffte auch von ihm bereitwilliges Eingehen auf
die sachlich begründeten Forderungen Preußens, als welche
er schon in einer Denkschrift vom 26. Februar die Erklärung
Rendsburgs zur Bundesfestung, und Kiels zu einer preußi-
schen Marinestation, den Beitritt zum Zollverein, den Bau
des großen Canals und eine Militär= und Marine-Convention
mit Preußen bezeichnet hatte. Was Osterreich betraf, so
war es der lebhafte Wunsch des Königs wie des Ministers,
die freie und ehrliche Zustimmung des Wiener Hofes zu einer
für Deutschlands Gesammtwohl unerläßlichen Einrichtung zu
erlangen, und nicht wieder, wie so oft in früherer Zeit, ein
großes deutsches Interesse deshalb abgewiesen oder erschwert
zu sehen, weil es zugleich auch eine Stärkung Preußens in
sich schloß. So oft im letzten Jahrzehnt Bismarck der
Gegner Osterreichs gewesen, so fest er entschlossen war, das
für Preußen und Deutschland Nothwendige äußerstes Falles