Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

328 Ausgang der Londoner Conferenz. 
am 23. Mai sich bei Rechberg eingefunden und seine große 
Depesche vorgelesen hatte, rief der Minister: sehen Sie hier 
diesen meinen so eben redigirten Erlaß nach Berlin; auch 
er beantragt die Erhebung des Erbprinzen von Augustenburg 
zum souveränen Herzog von Schleswig-Holstein; von den 
verschiedenen Auskunftsmitteln, welche Herr von Bismarck 
anführt, habe ich also bereits dasselbe erwählt, welches auch 
er in die erste Linie gestellt hat; unsere Übereinstimmung 
könnte zu meiner Freude nicht vollständiger sein; ich gehe 
nur noch einen Schritt weiter, indem ich den Erbprinzen 
sofort der Conferenz vorzuschlagen wünsche; daß derselbe 
conservative Politik treiben muß, versteht sich ganz von selbst. 
Was die andern, von Herrn von Bismarck angedeuteten 
Möglichkeiten betrifft, fuhr Rechberg fort, so wird Oldenburg 
beim Bundestage schwer durchzusetzen sein, und eine preußische 
Annexion, so gerne wir uns darüber mit Berlin verständigten, 
ist doch zur Zeit wegen der europäischen Verhältnisse un- 
thunlich. Der Minister schloß seine Auseinandersetzung mit 
der Bitte, Bismarck's Depesche in seinen Händen zu lassen, 
damit er dieselbe, die nach Form und Inhalt den günstigsten 
Eindruck machen würde, dem Kaiser vorlegen könnte. 
So viel Freundschaft! so viel Biederkeit! An Karolyi 
und Apponyi schrieb Rechberg am 24. Mai schon etwas 
deutlicher: das Erbrecht Augustenburg's sei Osterreich niemals 
zweifellos erschienen; nachdem aber Dänemark die Fortdauer 
des Verbandes mit den Herzogthümern unmöglich gemacht, 
scheine es, daß die deutschen Mächte, den Wünschen Deutsch- 
lands gemäß, durch das Recht des Siegers ergänzen sollten, 
was etwa den Ansprüchen des Herzogs von Augustenburg 
fehlen möchte. Es beginne damit ein neuer Abschnitt unserer
	        
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