Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

26 Die Thronfolgefrage. 
Er, der König, wünschen. Indessen gelangte in Rothschild, 
obwohl die Stimmung durch das Aufbrausen der Herzog- 
thümer etwas gedämpft war, der Antrag Algreen-Ussing unter 
Zustimmung des königlichen Commissars zur Annahme. Ein 
erster bedeutsamer Schritt zur Ausführung des königlichen 
Systemes war geschehen. 
Es galt nun weiter, die öffentliche Meinung Europas 
und die Stimmung der großen Mächte zu gewinnen. Der 
König war in beiden Richtungen sehr thätig; eine Menge 
Abhandlungen in dänischer, deutscher, französischer Sprache 
wurden verfaßt, um darzuthun, daß in Schleswig 1721 die 
Erbfolge des Königsgesetzes von den Ständen des Landes 
anerkannt worden, daß ein ansehnlicher Theil Holsteins seit 
langer Zeit Allodialbesitz der jetzt herrschenden Linie sei, also 
auf die Töchter übergehe, daß Augustenburg alle Rechte, die 
das Haus etwa besessen, durch Versäumniß der Lehnsmuthung, 
Verzichte der Gemahlinnen und unebenbürtige Heirathen längst 
eingebüßt habe. Es versteht sich, daß jeder dieser Sätze von 
der gegnerischen Seite mit gleichem Aufwande lehns= und 
fürstenrechtlicher Gelehrsamkeit bestritten wurde. 
Die Entscheidung dieser Controversen hing dann von 
weitschichtigen historischen und lehnrechtlichen Erörterungen 
ab, bei welchen es auf die Interpretation von nicht selten 
vieldeutigen Urkunden des 14. und 15., des 16. und 17. 
Jahrhunderts ankam, und bei deren Beurtheilung sowohl 
die gerichtliche Praxis als die Autoritäten der gelehrten Welt 
zu verschiedenen Ergebnissen gelangt waren. So hatte der 
kaiserliche Reichshofrath bis in das 17. Jahrhundert hinein 
nach Unterlassung der erforderlichen Lehnsmuthung stets auf 
Verlust der Erbfolge in das Lehn erkannt, späterhin aber
	        
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