Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

340 Ausgang der Londoner Conferenz. 
Rechberg hörte das Alles ohne Widerspruch, jedoch mit 
der kühlen Bemerkung an, wir würden unsere Lage gegen- 
über den Neutralen schwerlich verbessern, wenn wir gleich 
wieder unsere Stellung wechselten. 
Am 9. Juni langte Kaiser Alexander von Rußland, 
von dem Fürsten Gortschakoff begleitet, auf der Reise nach 
dem Bade Kissingen in Berlin an. Bismarck hatte am Abend 
des 10. die Ehre einer längern Audienz bei dem Monarchen, 
und fand hier keinen Grund, sein Hinüberneigen zu der 
Oldenburger Candidatur zu bereuen. Er sah den Kaiser von 
dem dringenden Wunsche auf Erhaltung des Friedens erfüllt. 
Wenn die Verlängerung der Waffenruhe mißlinge, sagte er, 
möge Preußen die Blokade ertragen, nicht nach Fünen über- 
gehen, nicht durch einen solchen Schritt den Zorn Englands 
bis zu offenem Bruche steigern. Bismarck räumte die schweren 
Gefahren einer solchen Wendung ein: aber, sagte er, es gibt 
Übel, welche schlimmer sind als der Krieg, und zu diesen 
müßte ich einen solchen Abschluß des dänischen Streites rechnen, 
welcher die Deutschen in Schleswig ungedeckt ließe, dadurch für 
Se. Moajestät den König, für sein tapferes Heer und für das 
preußische Volk eine schwere Demüthigung herbeiführte, und 
hiemit — hier schlug er eine Saite an, welche stark in 
Alexander's Herzen wiedertönte — eine gefährliche Waffe in 
die Hände der Revolution liefern würde, gegen welche zu 
kämpfen, die Hauptaufgabe der Regierung bleibe. Der Kaiser 
stimmte hier lebhaft ein: möge Preußen stets an diesem 
Princip festhalten. Dazu aber, bemerkte Bismarck, wird es 
nöthig sein, die Umwandlung unserer äußern Schwierigkeiten 
in innere zu verhüten; es kann uns nicht zugemuthet werden, 
die innern Verlegenheiten, die sich das englische Cabinet durch
	        
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