Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Gelehrte Controversen über das Thronfolgerecht. 27 
allmählich eine mildere Praxis eintreten lassen: Pütter, 
K. F. Eichhorn und ihre Schüler fanden jedoch in der 
letztern nur das Vorkommen einzelner Ausnahmen, durch 
welche die Regel nicht umgestoßen werden könne, während 
andere deutsche Gelehrte der umgekehrten Anschauung huldigten. 
Ob die Vorgänge von 1721 die dänische Thronfolge für 
Schleswig begründet hätten oder nicht, hing zum Theil von 
der Entscheidung der Fragen ab, ob unter der in der Huldigungs- 
formel der Stände erwähnten lex regia das bekannte dänische 
Königsgesetz oder ein etwas älteres, für die Herzogthümer 
erlassenes Gesetz zu verstehen sei, was Beides nach dem 
Wortlaute gleich möglich war, ferner, ob die Stände dem 
Könige und dessen Thronfolgern den nach der lex regia 
gebührenden Gehorsam, oder ob sie den gebührenden Ge- 
horsam dem Könige und dessen nach der lex regia be- 
rechtigten Thronfolgern gelobt hätten, was wieder davon 
abhing, an welcher Stelle der Urkunde man ein in derselben 
fehlendes Komma hinzuzudenken habe u. s. w. u. s. w. Dem 
Historiker wird man überhaupt nicht zumuthen, über diese 
gelehrten Händel ein juristisches Urtheil abzugeben: die 
Mühe, zu einem solchen hindurch zu dringen, wäre um so 
nutzloser, als bei der schließlichen Entscheidung das alte 
Recht Augustenburg's unter Widerlegung aller dänischen Ein- 
wendungen anerkannt, dann aber durch zwei völlig moderne 
Thatsachen aufgehoben worden ist. 
Um so wesentlicher aber ist es, an dieser Stelle wieder- 
holt zu constatiren, daß vor dem Jahre 1836 die agnatische 
Erbfolge in den Herzogthümern kaum jemals angefochten 
worden war, und die Stände derselben also in völlig gutem 
Glauben handelten, als sie sich gegen die Verletzung dieses
	        
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