Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

28 Die Thronfolgefrage. 
Rechts verwahrten. Auch war es nicht etwa eine perfön- 
liche Verehrung für den Herzog von Augustenburg, welche 
diese Haltung hervorrief. Im Gegentheil, Herzog Christian 
hatte sich als Gutsherr auf seinen weiten Besitzungen so 
wenig beliebt gemacht, daß in ganz Schleswig die Volks- 
stimmung ihm eher abgeneigt, als günstig war. Auch seine 
oppositionelle Haltung im Landtage hatte daran nichts ge- 
ändert; nach wie vor war er bei der Masse des Volkes ohne 
Ansehen noch Einfluß geblieben. Diese kam nach ihrer be- 
dächtigen Weise überhaupt nur langsam in die politische Be- 
wegung hinein; sie hatte, wie gesagt, keinen Wunsch auf 
Anderung des bisherigen Zustandes, keine Sehnsucht nach 
völliger Trennung von Dänemark gehabt; bei aller An- 
erkennung der agnatischen Rechte hätte sie höchst wahr- 
scheinlich auch eine Anderung der Thronfolge sich gefallen 
lassen, wenn dabei die innere Selbständigkeit und Verbindung 
der Herzogthümer unangefochten geblieben wäre. Was jetzt 
die öffentliche Meinung des Landes zu immer kräftigerem 
Auftreten für Augustenburg entschied, was unmittelbar zur 
Verschmelzung der Successions= mit der Verfassungsfrage in 
den Gefühlen Schleswig-Holsteins führte, war die tobende 
Offensive der Eiderdänen gegen das Deutschthum in Schleswig 
und gegen die Realunion der Herzogthümer. Bei dieser 
Feindseligkeit des gesammten dänischen Volkes sah man für 
die eigene Freiheit und Nationalität keine andere Rettung 
mehr, als die glücklicher Weise bald bevorstehende vollständige 
Trennung von Dänemark durch die Verschiedenheit der Erb- 
folge. Man begann, sich für Augustenburg zu interessiren, 
weil dessen Name die baldige Abschüttlung einer fremd- 
sprachigen Vergewaltigung bedeutete.
	        
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