Schleswig-Holsteins Zukunft. Zollvereinskrisis. 383
auch der Kaiser äußerte sich gegen seinen hohen Bundes-
genossen in gleichem Sinne. König Wilhelm blieb dabei zu-
rückhaltend; es widerstrebte ihm, kurzweg als Eroberer auf-
zutreten; auch war er keineswegs schon entschieden über sein
Verhalten gegen den Erbprinzen von Augustenburg. Als
dann von österreichischer Seite bemerkt wurde, daß die An-
nexion jedesfalls nur dann zugelassen werden könne, wenn
auch Osterreich einen entsprechenden Gewinn erhalte, sei es
durch Abtretung preußisches Landes, sei es durch preußische
Garantie für den gesammten österreichischen Länderbestand:
da sprach der König die entschiedene Ablehnung einer an
solche Bedingungen geknüpften Annexion aus. Er wollte
weder einen Theil der preußischen Bevölkerung an OÖsterreich
weggeben, noch allgemeine und unbestimmte Verpflichtungen
hinsichlich der außerdeutschen Besitzungen Osterreichs über-
nehmen, Verpflichtungen, welche seine ganze europäische Politik
an nicht absehbare Actionen des Wiener Hofes gekettet hätten.
So war in der Frage der Herzogthümer an keinem
Punkte ein positives Ergebniß gewonnen.
Ein zweiter Gegenstand von größter Bedeutung, welcher
in Schönbrunn zur Erörterung kam, war das eben wieder
angeregte Thema der großen Zolleinigung zwischen Osterreich
und den Staaten des deutschen Zollvereins. Es ist, um die
hier beginnende Krisis anschaulich zu machen, ein kurzer Rück-
blick auf die unmittelbar vorausgegangenen Verhandlungen
unerläßlich.
So energisch Graf Rechberg in den Jahren 1862 und
1863 den Kampf gegen den preußisch-französischen Handels-
vertrag aufgenommen, und im Bunde mit den Mittelstaaten
den Eintritt Osterreichs in den Zollverein erstrebt hatte: so