Neue Zollverträge. 385
Kurhessens, worauf dann am 28. Juni der neue Zollvereins-
vertrag zwischen den genannten Regierungen in Berlin
unterzeichnet, und den zur Zeit noch dissentirenden Staaten
der Beitritt unter den gleichen Bedingungen bis zum 1. October
offen gehalten wurde. Schon am 11. Juli folgte Hannover,
und bald nachher auch Oldenburg diesem Beispiel, nachdem
Preußen wenigstens einen Theil des bisher aus den Zoll-
einkünften bezogenen Präcipuums bewilligt hatte.
Damit war die Lage der Dissidenten schlechthin aussichts-
los geworden. Die Bevölkerung in Nassau und Darmstadt
drängte einstimmig ihre Regierungen zum Abschlusse mit
Preußen, und selbst in dem schutzzöllnerischen Süden erhoben
sich zahlreiche Stimmen, welche das Fernbleiben vom Zoll-
verein für unmöglich erklärten. Eine am 7. Juli in München
eröffnete Conferenz von Bevollmächtigten Osterreichs, Bayerns,
Württembergs, Darmstadts und Nassaus konnte sich den Zwang
der vollendeten Thatsache nicht verbergen, zumal Osterreich
seinen Freunden keinen Zweifel darüber ließ, daß es zur Zeit
nicht mit derselben Entschiedenheit wie einst 1853 gegen
Preußen vorzugehen gedenke. Man begnügte sich, am 12. Juli
eine Punctation aufzusetzen, es sei der Abschluß von Verträgen
zwischen Osterreich und dem Zollverein herbei zu führen, auf
Grundlage der Übereinkunft von 1853, also im Sinne der
Anbahnung ciner gänzlichen Zolleinigung in der Zukunft, und
folglich für jetzt möglichster gegenseitiger Verkehrserleichterung
zwischen beiden Theilen. Der neue Zollverein und sein nach
Maaßgabe des französischen Handelsvertrags festgestellter Tarif
waren damit thatsächlich anerkannt, und was den Beitritt der
vier Mittelstaaten betraf, das Abkommen mit Osterreich nicht
mehr als Bedingung desselben, sondern nur noch als Wunsch
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. III.