Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Meinungsverschiedenheiten im preußischen Ministerium. 391 
Feilschen hin. Werther klagte, daß Rechberg seit der Er- 
ledigung der Gebiets= und der Finanzfrage sich äußerst lässig 
zeige, überall auf raschen Abschluß durch Bewilligung der 
dänischen Begehren dränge und den preußischen Anträgen 
nur schwache und widerwillige Unterstützung leihe. Die 
Thatsache war richtig, und Werther sollte bald erfahren, auf 
wie gewichtigen Gründen sie beruhte. Wir kommen hiemit 
auf die Frage des österreichisch-deutschen Handelsvertrags 
zurück. 
Bismarck hatte in dieser Angelegenheit bei den Berliner 
Fachmännern nur einen halben Erfolg zu erlangen vermocht. 
Die officiellen Vertreter der Zollpolitik waren der Handels- 
minister Graf Itzenplitz und der Finanzminister von Bodel- 
schwingh; thatsächlich aber führte, bei der zweifellosen technischen 
Unzulänglichkeit der beiden Würdenträger, der Ministerial- 
director Delbrück das ausschlaggebende Wort. Delbrück, durch 
emsige und mannigfaltige Studien vorbereitet, hatte die äußere 
Laufbahn des preußischen Verwaltungsdienstes mit raschem 
und glänzendem Erfolge zurückgelegt. Ein Charakter von 
seltener Zuverlässigkeit, willenskräftig, ohne aufregende Leiden= 
schaft, niemals in träger Ruhe, aber immer in sicherem Gleich- 
gewicht: ein Geist, durchaus erfüllt und beherrscht von dem 
Drange nach klarer Verständigkeit, nach klaren Gedanken, 
klaren Zwecken, klaren Verhältnissen. So faßte er jede Auf- 
gabe mit erschöpfender Gründlichkeit, stets auf wissenschaftliche 
RPrincipien gestützt, stets auf praktische Durchführbarkeit bedacht, 
ein Theoretiker, der niemals doctrinär wurde, ein Praktiker, 
der niemals der Routine verfiel, ein Techniker, der sich 
streng auf das Gebiet, wo er Meister war, beschränkte, hier 
aber auch keiner andern Rücksicht als der möglichsten Treff-
	        
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