Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

396 Wiener Friede. Rechberg's Fall. 
vertrags. Er erwähnte darauf, daß seine Collegen ihm Oster- 
reichs Unwillfährigkeit in den sonstigen Fragen, der proviso- 
rischen Regierung der Herzogthümer, der Rendsburger Be- 
setzung, den Telegraphenverträgen, entgegenhielten, und sprach 
es aus, daß Osterreichs Verhalten bei diesem letzten schreienden 
Mißbrauch des formalen Bundesrechts ihm unerwartet hätte 
sein müssen. „Wenn wir, bemerkte er, uns zum Einschreiten 
gegen eine so flagrante Verletzung des Bundesrechts durch 
unsere eigenen Commissare nicht einig finden, wie sollen wir 
uns dann über die Leitung der gesammten Bundespolitik bis 
an die Grenzen des Erlaubten hin verständigen? Gestatten 
Sie mir, verehrter Freund, meine Ansicht offen auszu- 
sprechen. In allen diesen Fragen ist die Haltung des 
kaiserlichen Cabinets durch eine leise, aber, wie ich besorge, 
wachsende Hinneigung zu der Tendenz bedingt, den kleinen 
Staaten in Osterreich einen Schutz gegen Preußen erblicken 
zu lassen. Ich halte es für unmöglich, daß die ausgezeich- 
neten Beamten der Staatskanzlei [Biegeleben, Meysenbug, 
Gagerns], die aus mittelstaatlichen Verhältnissen nach Wien 
gekommen sind, mit den Traditionen ihrer jüngern Jahre 
schon ganz gebrochen haben; ich halte es für natürlich, daß 
Staatsmänner, die sich als gute Schwimmer im Strome 
des Parlamentarismus fühlen (Schmerlingl, die Quellen offen 
zu halten suchen, welche denselben aus den parlamentarisch 
regierten Mittelstaaten und deren öffentlicher Meinung zu- 
fließen. Aber je mehr die angedeuteten Elemente auf den 
Gang der österreichischen Politik einwirken, um so mehr 
nähern wir uns dem alten Geleise, in welchem OÖsterreich und 
Preußen zum Schaden Beider länger als zehn Jahre hin- 
durch festgefahren waren. Die Erfüllung unserer von Ihnen
	        
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