398 Wiener Friede. Rechberg's Fall.
als deutsch.) Die Meinung, daß die Zolleinigung für immer
unausführbar sei, ist mehrfach ausgesprochen worden. Aber
ebensowenig kann die Ansicht widerlegt werden, daß die
Zolleinigung früher oder später unausbleiblich sich vollziehen
werde. Die gegenwärtige Frage, ob Osterreich von dem
Recht auf Zolleinigung zurücktreten, somit anerkennen soll,
daß es in handelspolitischer Beziehung nicht zu Deutschland
[Bismarck: zum Zollverein] gehöre, muß ich als österreichischer
Minister pflichtgemäß verneinen. Was würde man 1815 zu
einem Ausschlusse Osterreichs aus dem deutschen Zoll= und
Handelssystem gesagt haben, was zu einem Satze, daß Oster-
reich darin keinen Vorzug vor dem Ausland haben dürfe?
Wenn wir auf unserem Anspruche auf Zolleinigung bestehen,
so geschieht es nicht, weil Preußen den Artikel 25 des Han-
delsvertrags unterzeichnet hat — obgleich es kein gutes Bei-
spiel gibt, wenn man ein gegebenes Wort auf den Werth
einer Redensart zurückführt — sondern weil Osterreich eine
deutsche Macht ist, und nicht zugeben kann, daß eine gemein-
same deutsche Einrichtung ihm grundsätzlich verschlossen bleibe,
und daß es von seinen Bundesgenossen als Ausland behan-
delt werde "
Gegenüber einem Manne von Ihrem Scharfblick und
Ihrer Entschlossenheit kann ich den Wunsch nicht unterdrücken,
es möge in Berlin einmal ernstlich und gründlich erwogen
werden, ob denn wirklich jene ganze Richtung der Politik
noch heute zweckgemäß sei, die man als die der Lahmlegung
des Bundes und der kleinen Errungenschaften bezeichnen
konnte. Ursprünglich hatte sie die freiwillige Absperrung
Osterreichs von Deutschland zur Voraussetzung; ich zweifle,
ob Preußen heute noch etwas damit zu gewinnen hätte.