Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Französischer Einmischungsversuch. 33 
Dieser gab darauf dem Franzosen die höflich ausweichende 
Antwort, die dänische Thronfolge sei eine Frage der Zukunft, 
mit der England sich jetzt nicht zu beschäftigen gedenke; wenn 
die Zeit komme, gebühre die Initiative einzig dem König von 
Dänemark; England werde dann gerne für die Erhaltung der 
dänischen Monarchie seine guten Dienste leisten. In ganz 
ähnlich ablehnender Weise entgegnete Osterreich auf die fran- 
zösische Aufforderung; als bald nachher der russische Kanzler, 
Graf Nesselrode, auf einer Reise Wien berührte, verständigte 
er sich mit Metternich zunächst über das von Lord Aberdeen 
empfohlene abwartende Verhalten. Metternich führte dann 
in seiner magistralen Weise aus, daß es bei jeder politischen 
Frage einerseits auf den Rechtspunkt, andrerseits auf die 
Staatsklugheit ankomme; in der ersten Beziehung sei es hier 
erforderlich, eintretendes Falls die juristische Begründung der 
verschiedenen Anwärter genau zu prüfen, in der letztern er- 
scheine die dänische Integrität als ein bedeutsames Moment 
des europäischen Gleichgewichts; schließlich werde es nöthig 
sein, aus der Combination von Recht und Politik das gebührende 
Ergebniß zu ziehen. Nesselrode erklärte seine volle Zustimmung 
zu einer so schönen Theorie, und Beide berichteten mit Genug- 
thuung dieses Einverständniß nach Berlin hinüber. Von einer 
Zuziehung Frankreichs war in den nächsten Jahren um so 
weniger die Rede, als bekanntlich der Tuilerienhof bald nach- 
her mit den Ostmächten über Krakau, und mit England über 
die spanischen Heirathen in arges Zerwürfniß gerieth. 
Für König Christian hatten diese Vorgänge wenigstens 
die Annehmlichkeit, daß vier Großmächte den Grundsatz der 
dänischen Integrität als einer europäischen Nothwendigkeit aus- 
gesprochen hatten. Da sie Alle ihm und ihm allein die 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. III.
	        
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