Ministerwechsel in Wien. Friede mit Dänemark. 411
nicht mehr möglich, daß sie mit einander weiter dienten; der
Kaiser müsse zwischen ihnen seine Wahl treffen. Bei der
damaligen innern Lage des Reiches schien nun dem Kaiser
Schmerling für die Leitung der parlamentarischen Geschäfte
unentbehrlich, und so ergab sich für Rechberg die Nothwendig-
keit, vom Platze zu weichen. Schmerling hätte die Stelle
gerne einem ihm völlig unterwürfigen Anhänger zugewandt:
dies aber war ganz und gar nicht die Meinung des Kaisers,
welchem Schmerling bei aller. vermeintlicher Unentbehrlichkeit,
sowohl wegen seines Liberalismus als wegen seines Preußen-
hasses wenig sympathisch war. Vielmehr war Franz Joseph
durchaus von dem Wursche erfüllt, in dem bisherigen Systeme
seiner auswärtigen Politik zu beharren und die preußische
Allianz aufrecht zu erhalten: auf Rechberg's Antrag berief
er deshalb den bisherigen Statthalter von Galizien, den
streng conservativen Grafen Mensdorff-Pouilly, einen auch
von dem preußischen Könige hochgeachteten Officier, auf die
erledigte Stelle#).
Unterdessen hatten Werther und Balan das Mögliche
gethan, die Verhandlung des dänischen Friedens durch manche
Concessionen in untergeordneten Punkten zum Abschluß zu
bringen. An demselben Tage, an welchem Rechberg seine
Entlassung erhielt, am 27. October 1864, wurde die Urkunde
paraphirt und am 30. unterzeichnet. Wenigstens diese pressendste
Complication war damit beseitigt.
1) Ich gebe die Erzählung dieser Wiener Vorgänge nach den
preußischen Gesandtschaftsberichten, welche, nach einer Aufzeichnung des
Unterstaatssecretärs von Thile, durch die Äußerungen der Grafen
Chotek und Blome, der damaligen österreichischen Vertreter in Berlin
und München, überall bestätigt werden. Es bleibt abzuwarten, in wie
weit sie durch die Wiener Acten vermehrt oder berichtigt werden können.