Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

Friedfertige Wünsche auf beiden Seiten. 413 
rischen Ministers rieth, mit welcher Eindringlichkeit er dem 
Könige die schweren Folgen eines entgegengesetzten Verfahrens 
entwickelte. Wir können hier hinzusetzen, daß er in Biarritz 
und Paris bei Napoleon und Drouyn de Lhuys in keiner 
Weise über die bisher eingehaltene Linie hinausging oder 
irgend welche intimere Anerbietungen austauschte. Die fran- 
zösische Regierung blieb bei ihrem Satze, Preußen möge durch 
Volksabstimmung die Herzogthümer annectiren und dann kraft 
des Nationalitätsprincips Nordschleswig an Dänemark heraus- 
geben. Die Annahme dieses Programms hätte den entschie- 
denen und erklärten Bruch mit Osterreich bedeutet; Bismarck 
begnügte sich, auf Grund desselben zu constatiren, daß Frank- 
reich jetzt wie früher nicht zu den unbedingten Gegnern der 
Annexion zähle. Auch nach Rechberg's Ausscheiden blieb er 
fest in dem Entschlusse, allerdings Preußens und Deutsch- 
lands Interessen in Schleswig-Holstein unter allen Umständen, 
aber wenn irgend möglich, nicht im Streite, sondern in Ein- 
tracht mit Osterreich zu wahren: nach wie vor hielt er das 
österreichisch-preußische Bündniß für das wirksamste und zu- 
gleich gefahrloseste, welches jeder der beiden Staaten einzu- 
gehen vermögce. 
So waren die Monarchen und ihre leitenden Minister 
einig in dem aufrichtigen Wunsche, die neu geknüpften Freund- 
schaftsbande unversehrt zu halten und immer fester zu ziehen. 
Aber auch dieses Mal sollte es sich zeigen, daß der Zwang 
der Dinge stärker ist als die beste Meinung der Menschen. 
Nach der geschichtlichen Stellung der beiden Mächte standen 
die Hoffnungen, die jede von ihnen auf das Bündniß setzte, 
in unversöhnlichem Gegensatz. Preußen meinte darin das 
Wiener Cabinet zur Anerkennung seiner emporstrebenden In-
	        
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