Object: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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auf ihm zu erscheinen wagte.“ Heinrich riefen seine landes- 
herrlichen Pflichten in die Heimat zurück, nachdem er den 
Bau der Schiffe bewerkstelligt und eine zahlreiche Kriegs- 
macht zur Besatzung und zur beabsichtigten Erbauung 
von Elbing zurückgelassen hatte. Gerade nach den schönen 
Erfolgen, die das vereinte Vorgehen von Heer und Flotte 
auf den baltischen ÖOstseeinseln im Jahre 1917 erzielte, er- 
füllt es ung Mitteldeutsche mit um so stolzerer Freude, 
daß schon vor bald 700 Jahren unser Meißner Markgraf 
denselben Gedanken des Zusammenwirkens, und zwar auch 
an benachbarten östlichen Gestaden in die Tat umsetzte 
und mit unsern Landsleuten schöne Erfolge errang. 
Unter Heinrich machte das Haus Wertin seine wichtigste 
mittelalterliche Erwerbung: die der Landgrafschaft 
Thüringen mit der Pfalzgrafschaft Sachsen. Heinrichs 
Mutter Jutta war beim Aussterben des alten Landgrafen- 
hauses die nächstberechtigte Erbin; schon 1242 hatte Kaiser 
Friedrich II. die Anwartschaft auf Thüringen dem Wet- 
tiner verliehen, der in den schweren Kämpfen dieses größten 
Hohenstaufenherrschers sich unter den deutschen Reichs- 
fürsten als treue Stütze seines kaiserlichen Oberherrn er- 
wies und den deshalb der mittelhochdeutsche Minnesänger 
Tannhäuser pries: 
An deme man je des besten jach (— sprach), — Hein- 
rich der Mizenaere — Der sine triuwe nie zerbrach — 
Der ist alles wandels laere (d. h. unwandelbar). 
Nicht kampflos aber fiel ihm das schöne Land mit seinen 
gesegneten Auen und flußdurchrauschten Waldbergen zu; 
des Landgrafen Ludwig des Heiligen Tochter Sophie, ver- 
mählte Herzogin von Brabant, beanspruchte das Erbe für 
ihren Sohn Ludwig, den man das Kind von Brabant oder 
von Hessen nannte; in langjährigen Kämpfen mußten 
ländergierige Nachbarn zurückgewiesen, unbotmäßige Va- 
sallen unter die Hand des neuen Landgrafen gebeugt werden. 
Besonders die Stadt Eisenach hielt zu Sophiens Partei und 
b-drohte durch Erbauung von Trutzburgen Heinrichs Leute 
auf der Wartburg, bis es gelang, die Sperrfesten und 
dann die Stadt selbst einzunehmen und ihre Bürger zum 
Gehorsam zu bringen. Als Bundesgenosse Sophiens rückte 
1263 Herzog Albrecht von Braunschweig in das östliche 
Thüringen, verheerte die Bistümer Naumburg und Merse- 
burg und bedrohte Leipzig, aber im Gefecht bei Besen- 
städt (nordwestlich von Halle) am 27. Oktober 1263 sieg- 
ten des Markgrafen Söhne Landgraf Albrecht von 
Thüringen und Markgraf Dietrich von Lands- 
berg, der Braunschweiger und seine Genossen wurden mit 
mehreren hundert Mann gefangen. Die Folge war der Zu- 
sammenbruch der hessischen Partei; 1264 beim Friedens- 
schlusse mußte sich der brabantische Erbe mit Niederhessen 
begnügen, das eigentliche Thüringen verblieb den Wettinern. 
Die folgenden Jahrzehnte boten den Markgrafen und 
ihren Mannen beinen Anlaß zu glänzenden Waffentaten; 
wohl hören wir, daß 1265 auch Albrecht nach Preußen 
zog, um die Heiden zu bekämpfen, und ebenso sein Bruder 
Dietrich 1272; mehrfach aber wandten die Fürsten ihre 
Waffen gegeneinander. Nach Heinrichs des Erlauchten 
Tod (1288) drobte zeitweise der völlige Zerfall der Haus- 
macht, besonders als es im April 1293 dem deutschen König 
Adolf (von Nassau) gelang, den mit seinen Söhnen 
Friedrich dem Freidigen 
und Dietrich (Diezmann) veruneinigten Landgrafen Al- 
brecht zum Verkaufe Thüringens zu bewegen und Adolf 
auch die Mark Meißen als ein dem Reiche nach des Mark- 
grafen Friedrich Tuta (eines andern Enkels Heinrichs des 
Erlauchten) Tode heimgefallenes Lehen betrachtete. Im 
Herbst 1204 besetzte Adolf Thüringen ohne ernsteren Wider- 
stand; im Oktober fiel nach einiger Gegenwehr auch das 
OÖsterland, Pegau, Groitzsch, Frohburg, Borna, selbst Leipzig. 
Im Sommer 1208 bezwang er die noch widerstehenden 
Plätze in Thüringen und schickte sich im Januar 1206 an, 
auch Meißen zu unterwerfen. Markgraf Friedrich der Frei- 
dige konnte dem Reichsheere nicht in offener Feldschlacht 
entgegentreten und suchte die beiden Hauptfestungen Frei- 
berg und Meißen zu halten. Hartnäckig verteidigte sich 
Freiberg; nach längerem Widerstande fiel die Stadt, die 
Burg aber hielt sich standhaft, bis die untergrabenen Mauern 
den an Zahl stark überlegenen Angreifern den Sturm er- 
möglichten und die letzten tapferen Verteidiger im März 
1296 in die Hand des erbitterten Königs fielen. Schonung 
des Besiegten kannte das Mittelalter nicht; das nicht durch 
einen Vertrag bei der Übergabe gesicherte Leben war dem 
Sieger verfallen. Auch Adolf achtete nicht die Treue und 
Tapferkeit, sondern rächte die eigenen Verluste durch die 
Tötung der Besatzung: 60 Getreue des Markgrafen wurden 
hingerichtet und allen Gefangenen drohte das gleiche Schick- 
sal, falls Friedrich nicht Stadt und Burg Meißen über- 
gebe. Um das Leben der Seinen zu retten, eneschloß sich 
Friedrich zu dem schweren Opfer und lieferte seine letzte 
Festung aus, unterwarf sich selbst aber nicht. Im Volbe 
haftete noch lange die Erinnerung an diese Zeit, wo der 
Fürst im eignen Lande, nur von einem Knecht begleitet, 
ruhekos umherzog, aber durch des treuen Volbes Liebe vor 
den Verfolgern errettet; bis in die Neuzeit hat die Volks- 
sage einzelne Vorkommnisse aufbewahrt. Geschichtlich be- 
zeugt ist, daß Friedrich landflüchtig, wie ein Recke der 
deutschen Heldensage, in der Fremde Zuflucht suchen mußte. 
Am Hofe seiner kärntnisch-tirolischen Verwandten fand er 
Aufnahme; im Sommer 1296 zog er durch das obere 
Drau= und Pusiertal nach Tirol und scheint auf einem 
Kriegszuge sogar bis in die Lombardei gekommen 
zu sein. Erst 1298 gelang es ihm zurückzukehren, und 
Adolfs Tod bot ihm und seinem Bruder Diezmann Ge- 
legenheit, in seinen Erblanden sich wieder festzusetzen. Aber 
Adolfs Nachfolger König Abbrecht I. behauptete die An- 
sprüche des Reiches auf Thüringen und Meißen und ge- 
dachte im Frühjahr 1307 einen Hauptschlag zu führen; ein 
stattliches Reichsheer unter dem Truchseß Heinrich von 
Nortenberg stieß ins Osterland vor und rückte gegen Leipzig 
heran. Hierhin hatten Friedrich und Diezmann ihre 
Mannen entboten, unter denen neben den ritterbürtigen 
Vasallen auch Bürger und Bauern besonders genannt wer- 
den. Am 31. Mai 1307 zogen die Brüder aus Leipzigs 
Toren südwärts, nachdem sie die Zuversicht der Ihrigen 
durch ein feierliches Hochamt gestärkt hatten; denn es war 
kein leichter Kampf und Friedrich wußte, was auf dem 
Spiele stand; diese Schlacht entschied über sein und seines 
Hauses Schicksal. Deutlichen Ausdruck fand dieses Be- 
wußtsein in seinem Verhalten vor der Schlacht; als er 
sich wappnete, sagte er: „Es ist besser im Kampfe zu fallen, 
als das Unrecht gegen unser Volk und die Heiligen mit 
anzusehen“ (denn die Königlichen hatten auch Klöster und 
Kirchen verwüstet), und seinem Knappen rief er zu: „Setz 
mir heute den Helm aufs Haupt, geschmückt mit der Helm- 
zier meiner drei Lande Meißen, Osterland und Thüringen! 
Gott helfe uns, da unsere Sache gerecht ist!“ Es war dies 
nicht bloß ein äußerlicher Schmuck, sondern das Tragen 
der Wappenkleinode der drei Länder im Kampfe sollte sym- 
bolisch in der heraldisch-ritterlichen Sprache dieser Zeit aus- 
drücken, um welchen Prei# der Kampf gehe. Bei Lucka- 
(südwestlich von Leipzig) stieß man auf die Feinde, über die 
man überraschend hereinbrach. Nach heftigem Streite wurden 
sie geworfen, mehrere Edle gefangen genommen; der Rückzug 
artete in wilde Flucht aus und nicht bloß die nachsetzenden 
wettinischen Krieger, sondern auch die durch die Ausschrei- 
tungen erbitterten Landleute erschlugen manchen Flüchtling. 
Tolle, von der Volkssage drastisch geschilderte Angst scheuchte
	        
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