Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

42 Die Thronfolgefrage. 
Volk mit den aufrührerischen Herzogthümern abrechnen würde. 
Der Kronprinz Frederik hatte gegen diese Stimmungen wenig 
einzuwenden. Er war nicht unbegabt von Natur, aber durch 
ein wüstes Jugendleben in schlechter Gesellschaft verkommen. 
Zweimal vermählt, hatte er jedes Mal nach wenigen Jahren 
durch seine Rohheit die Scheidung herbeigeführt, und war 
dann in die Netze einer liederlichen Putzmacherin gefallen, 
die ihn mit gemeiner Schlauheit so fest zu umstricken wußte, 
daß er weiterhin sie als Gräfin Danner sich morganatisch 
antrauen ließ, und ihr seitdem auch in politischen Dingen 
unbegrenzten Einfluß gestattete. Als das Leben König 
Christian's zur Neige ging, zählte der Kronprinz 39 Jahre, 
hatte aber in seinem Herzen keinen höhern Trieb, als die 
bisherige Ungebundenheit in seinen persönlichen Verhältnissen 
fortzusetzen; er hatte nichts dagegen, constitutionellen Mi- 
nistern die Verantwortung und damit die entscheidende Gewalt 
zu überlassen, und je mehr er sich durch seinen Lebenswandel 
in den sonst gewohnten fürstlichen Beziehungen vereinsamt 
fand, desto eifriger strebte er nach der Gunst der ihn um- 
gebenden hauptstädtischen Volksmassen. So bekannte er sich 
bei jeder Gelegenheit zu liberalen Schlagworten und eider- 
dänischer Gesinnung, und trug breit und offen seinen Deutschen- 
haß zur Schau. Unter diesen Umständen sah König Christian, 
daß die Stunde der absoluten Monarchie in Dänemark ge- 
schlagen hatte, und daß er, falls sein System erhalten bleiben 
sollte, eine populäre Anlehnung dafür suchen müßte. Er ließ 
in den letzten Monaten 1847 den Entwurf einer Verfassung 
für die Gesammtmonarchie nach seinem Sinne ausarbeiten, 
starb aber am 20. Januar 1848, ehe er denselben zur Ver- 
öffentlichung hatte bringen können.
	        
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