Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

44 Die Thronfolgefrage. 
setzung der künftigen Reichsstände? Indessen, ungeachtet dieser 
höchst berechtigten Bedenken kam man doch zu dem Beschlusse, 
die Wahl der „erfahrenen Männer“ vorzunehmen. 
Ganz anders in Kopenhagen. Schon am 22. Januar 
hatten die Professoren Clausen und Schouw eine Abhandlung 
drucken lassen, des Inhalts, daß der Erlaß einer Verfassung 
jetzt eine Nothwendigkeit sei, und daß dieselbe Schleswig 
mit Dänemark vereinigen müsse; Holstein möge seine eigene 
Verfassung mit eigenem Finanz= und Kriegswesen erhalten, 
und eine scharfe und bestimmte Grenze zwischen beiden Herzog- 
thümern gezogen werden. Ganz Kopenhagen jubelte der 
eiderdänischen Forderung zu; Presse und Volksversammlung 
begehrten stürmisch die Entlassung der bisherigen Minister, 
protestirten gegen den Erlaß über die Gesammtstaats-Ver- 
fassung und sandten Deputation auf Deputation in das 
Königsschloß. Die Erbitterung gegen Alles, was deutsch hieß, 
machte sich in ungezügelten Ausbrüchen Luft. 
So lagen die Dinge, als in der letzten Februarwoche 
die Kunde von der Pariser Revolution und der französischen 
Republik in halb Europa die Volksmassen in unwiderstehliche 
Bewegung setzte, die Regierungen in rathloses Schwanken 
brachte, und so auch auf dem gründlich durchwühlten dänischen 
Boden die Krisis zeitigte. 
Zunächst in Schleswig-Holstein verging den königlichen 
Beamten der Muth, den bisher betriebenen kleinlichen Polizei- 
druck gegen jede deutsch-nationale Regung fortzusetzen. Überall 
bildeten sich Bürgervereine und Bürgerwehren; überall erhob 
die Presse auf's Neue ihre Stimme, und am 18. März traten 
siebenzig Notable in Rendsburg zusammen und beschlossen, 
eine Deputation nach Kopenhagen zu senden, welche dem
	        
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