56 Die Verträge von 1852.
weiter erfahren, daß es ein großes Mißverständniß sei, wenn
er glaube, der König halte Augustenburg's Ansprüche für
nichtig oder verwirkt; der König wolle sie weder behaupten
noch verneinen, er begehre aber deshalb auf der Grundlage
deutsches Fürstenrechts einen Familienrath aller Agnaten des
Oldenburger Hauses, also unter Theilnahme auch der Augusten-
burger Prinzen, und werde erst nach dessen Berufung seine
Einwirkung in dem versprochenen Sinne auf Augustenburg
eintreten lassen. Da auch England und Rußland Ermahnun-
gen zu versöhnlichem Entgegenkommen nach Kopenhagen
gelangen ließen, so wurde schon damals deutlich, daß die
europäische Anerkennung der neuen Erbfolge nicht vor einer
Verhandlung mit Augustenburg, und noch weniger vor einer
gewissen Ordnung der Verfassungsfragen zu Stande kommen
würde.
Überhaupt wurden die Dänen zu ihrem großen Arger
inne, daß die Zeit ihrer allgemeinen Verhätschelung durch
ganz Europa vorüber war. Rußland, England und Oster-
reich hatten sie beschützt, so lange die Gefahr einer Zerstücke-
lung Dänemarks und einer Erweiterung der preußischen Herr-
schaft oder Hegemonie bestand. Nach der gründlichen Ab-
wendung dieses ärgsten Unheils erinnerte man sich in Peters-
burg und Wien auf's Neue, daß die in Kopenhagen herrschenden
Eiderdänen eine äußerst radicale Gesellschaft seien, daß also
die Danisirung Schleswigs gleichbedeutend mit seiner Demo-
kratisirung, daß trotz der Rebellion von 1848 bei den Ständen
und dem Volke der Herzogthümer viel mehr conservative Ge-
sinnung als in den dänischen Provinzen wahrzunehmen sei.
Wenn man allerdings zur Erhaltung des europäischen Gleich-
gewichts die Trennung der Herzogthümer von Dänemark ver-