Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

82 Die Verträge von 1852. 
die Mehrheit der Kopfzahl, wohl aber alle thätigen und 
kräftigen Elemente des dänischen Volkes waren damals eider- 
dänisch gesinnt, und sahen jetzt ihr politisches Programm 
ebenso nachdrücklich wie jenes der Herzogthümer durch die 
Großmächte verurtheilt. Was nützte ihnen die Zerreißung 
der schleswig-holsteiner Realunion, wenn ihnen verboten blieb, 
für das höchste Ziel ihres Patriotismus, für die Danisirung 
und Einverleibung Schleswigs, thätig zu sein? Und dieses 
Verbot wurde nicht bloß von der eigenen Regierung über sie 
verhängt, welche unter den Willen des Volkes zu beugen, die 
dänische Verfassung hinreichende Mittel bot, sondern das 
saubere Ministerium Bluhme hatte es durch bindenden Ver- 
trag den deutschen Mächten gewährleistet, und damit der ver- 
achteten deutschen Nation ein entwürdigendes Aufsichtsrecht 
über Dänemarks gesammte innere Politik für eine unbestimmte 
Zukunft eingeräumt. Eine ebenso ungünstige Aufnahme wie 
die Verträge über die Gesammtverfassung fand dann auch das 
Londoner Protokoll bei den Eiderdänen. Während ihr innerster 
Wunsch es war, dereinst nach dem Tode Frederik's VII. 
Schleswig der ersehnten scandinavischen Union als Morgen- 
gabe darzubringen, und Kopenhagen zur Haupt= und Residenz- 
stadt des vereinigten Nordens zu machen, hatte jetzt das Lon- 
doner Protokoll den dänisch-holsteinischen Gesammtstaat auf's 
Neue sanctionirt und, was das Argste war, demselben wieder 
einen Prinzen deutscher Abstammung und Sprache zum künf- 
tigen Herrscher bestimmt. Der Verdruß war grenzenlos, und 
erst ein Jahr nachher wagte es die Regierung, den Inhalt 
des Protokolls als neues Thronfolgegesetz dem dänischen 
Reichstag zur Annahme vorzulegen. Wie sehr man nun auch 
zürnte, so einleuchtend war doch die Unmöglichkeit der Ver-
	        
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