90 Dänemarks Vertragsbrüche.
rathung der Provinzialstände in den Herzogthümern unter-
zogen werden. Das Letztere aber war den Machthabern in
Kopenhagen unbequem erschienen, und so hatte man in dem
schließlichen Patente vom 28. Januar 1852 die Zusage
ständischer Mitwirkung bei der Gesammtverfassung stillschwei-
gend weggelassen, darauf die neuen Provinzialverfassungen
für jedes der drei Herzogthümer octroyirt, und durch diese
den Ständen zwar entscheidende Stimme für die provinzialen
Gesetze eingeräumt, ihnen aber jede Verhandlung über gemein-
same Reichsangelegenheiten verboten. Trotz des Versprechens
von 1851 war es also gesetzlich fortan unerlaubt, die Pro-
vinzialstände über die künftige Gesammtstaats-Verfassung zu
hören.
Es wurde denn eine solche Verfassung am 31. Juli 1854
einfach durch königlichen Willensact den Herzogthümern auf-
erlegt. War diese Art des Erlasses vertragswidrig, so zeigte
sich der Inhalt des Gesetzes erträglich; der Urheber desselben,
der Minister Orsted, hatte in der That den Wunsch gehabt,
die deutsche Minderheit nicht durch die dänische Mehrheit
erdrücken zu lassen, und deshalb die Competenz des gemein-
samen Reichsraths so enge wie möglich bemessen. Aber sofort
erhob sich gegen ihn zu Kopenhagen der Ansturm der eider-
dänischen Partei im Reichstag und in der Presse mit solchem
Ungestüm, daß das bereits durch Intriguen der Gräfin
Danner unterminirte Ministerium vom Platze wich, und ein
würdiger Freund der Gräfin, Herr von Scheele, es auf sich
nahm, die Befehle des souveränen dänischen Volkes zu voll-
strecken. Die Verfassung von 1854 wurde wieder aufgehoben,
und eine andere, unter Zustimmung des dänischen Reichstags,
und natürlich wieder ohne Anhörung der Herzogthümer, am