102 Osterreich und der Bundestag. 1865
reich nahm jedoch noch einmal das Wort, um einen kurzen
Bericht über seine bisherige Verhandlung mit Preußen zu
geben, und schloß denselben mit der Erklärung, der kaiserliche
Hof würde sogleich bereit sein, seine Rechte auf Schleswig-
Holstein dem Erbprinzen abzutreten, sobald Preußen denselben
Schritt thäte. Da nun Preußen bereits das Gegentheil einer
solchen Absicht angezeigt hatte, so konnte Osterreichs Er-
öffnung nur sehr niederschlagend auf die Mittelstaaten und
deren Anhänger wirken. Es bleibt also Alles beim Alten,
schrieb damals die Leipziger Constitutionelle Zeitung; Oster-
reich hat lediglich den Zweck gehabt, die Gehässigkeit der
Sache auf Preußen abzuladen. Pfordten tröstete sich indessen
bald: zwar der Antrag, sagte er dem Prinzen Reuß, wird
für's Erste keine Folgen haben, aber mit dem bayerischen
Landtag kann ich jetzt machen, was ich will.
In Schleswig-Holstein freilich schenkten die Augusten-
burger und ihre Gönner diesen unliebsamen Einzelheiten der
Frankfurter Debatten wenig Aufmerksamkeit. Sie hielten sich
an die Hauptsache: unter Osterreichs Führung hatte der
Bundestag die Einsetzung Herzog Friedrich's VIII. begehrt;
wie lange könne jetzt noch die preußische Usurpation sich be-
haupten? Die Zeitungen arbeiteten mit verdoppeltem Grimme
gegen Preußen; in den Vereinen wuchs das Übergewicht der
strengen Particularisten über die Freunde „des engeren An-
schlusses“. Die preußischen Februar-Forderungen, hieß es,
seien ebenso unverschämt, wie das Begehren der vollen An-
nexion, glücklicher Weise aber auch ebenso ungefährlich, da
weder Osterreich, noch der Bundestag, noch die schleswig-
holsteinische Volksvertretung sie zulassen würden, selbst wenn
der Herzog sich ihnen unterwerfen wollte. Ganz in diesem